Allgemein

Ein Glas und dies und das

Sie hat es geschnallt. Beim dritten Anlauf. Helena kann sich im Wasser vom Rücken auf den Bauch drehen und wieder zurück, kann ohne Hilfe auf dem Rücken schwimmen und gewinnt mehr und mehr Vertrauen in das nasse Element. Bisher war ich immer in greifbarer Nähe und sie mochte auch nicht, dass ich mich weiter als zwei Meter im Wasser von ihr entferne, aber sie macht große Fortschritte. Womit bereits jetzt widerlegt wäre, dass sie wegen ihrer Behinderung nicht schwimmen könne. Papperlapapp! Ein für mich sehr krasses Erlebnis hatten wir Sonntag beim Abendessen. Ich habe eine Reispfanne (mit Paprika, Tomaten etc.)… Weiterlesen »Ein Glas und dies und das

Unterste Schublade

An Verbesserungen gewöhnt sich der Mensch sehr schnell. Auch Stinkesocken gewöhnen sich sehr schnell an Verbesserungen. Und nehmen sie irgendwann vielleicht sogar als selbstverständlich hin. Zum Beispiel, wenn man zum Autofahren nicht mehr mit einem Schlüssel hantieren muss. Als Rollstuhlfahrerin bin ich mit beiden Händen stets beschäftigt, da ist es eine enorme Erleichterung, wenn ich keinen Schlüssel in die Hand nehmen muss, um ins Auto einzusteigen. Auch wenn mein allererstes Auto nicht mal eine Funk-Fernbedienung hatte, sondern ich noch mit dem Schlüssel im Türschloss herumfummeln musste und mich irgendwann gewundert habe, dass mein Schlüssel auch beim Auto nebenan passt, möchte… Weiterlesen »Unterste Schublade

Artgerecht

So viel, wie Marie und ich derzeit mit Behörden zu tun haben, habe ich bereits das Gefühl, ich rolle fast schon weltfrauisch auf den Ämtern ein und aus. Sofern ich denn hinein komme. Ich hatte in dieser Woche einen Termin auf dem für meinen Wohnort zuständigen Jugendamt, das nicht einmal barrierefrei ist. Dafür geht es drinnen aber alles auch etwas gemütlicher zu als in jenem für Helenas bisherigen Wohnsitz zuständigen. An der Information saß eine ältere Dame, ich schätze zwei Jahre vor der Rente. Sie geriet in Aufregung, als ich vor ihrem Fenster freundlich winkte und ihr, nachdem sie nach… Weiterlesen »Artgerecht

Mehr als eine Nacht

Am Montag war ich mit Helena schwimmen. Im Schwimmbad. Wir hatten ein Becken fast ganz für uns alleine, wir hatten eine Badaufsicht fast für uns alleine und wir haben im flachen Wasser angefangen. In Rückenlage. Es hat einige Zeit gedauert, bis sie sich soweit fallen lassen konnte, dass sie sich flach in Rückenlage auf das Wasser gelegt und ihre Arme ausgebreitet hat. Der schwierigste Punkt war, dass sie merken musste, dass das Wasser sie trägt. Dazu taucht in Rückenlage der Kopf fast komplett ein, am Ende sind die Ohren unter Wasser und nur die Augen, die Nase und der Mund… Weiterlesen »Mehr als eine Nacht

Shoppen und so

Helena und ich waren heute morgen in der nächstgrößeren Stadt zum Klamotten shoppen. Mich nervt es absolut, durch enge Gänge von Bekleidungsgeschäften zu rollen, an jedem zweiten Kleiderständer aufzupassen, dass man nichts herunterreißt, schmutzig macht, ständig laufen mir Leute vor den Rollstuhl, die ihre Augen nur auf das nächste Schnäppchen gerichtet haben, es ist laut, stickig – und es ist Samstag morgen. Aber Helena hat gerade einmal zwei Hosen. Davon ist eine eigentlich fertig, so dass sie in Sporthose durch die Gegend läuft, wenn ihre Jeans in der Wäsche ist. Vielleicht geht es anderen Menschen auch so, aber hier ist… Weiterlesen »Shoppen und so

Plastikkisten

Inzwischen haben auch Maries Eltern und Helena sich kennengelernt. Sollte es tatsächlich so sein, dass wir uns darum bewerben werden, Helena dauerhaft bei uns aufzunehmen, ginge das nur, wenn Maries Eltern das zumindest ideell unterstützen. Ein gemeinsames Grillen bei uns zu Hause bot eine gute Möglichkeit, sich zu beschnuppern. Ich war vor allem sehr gespannt darauf, wie Helena mit Maries Papa zurecht kommen würde, weil ich sie bisher noch nie im Dialog mit einem Mann erlebt habe. Manchmal gibt es ja, wenn ein Kind Gewalt durch einen Angehörigen eines Geschlechts ausgesetzt war, grundsätzliche Vorbehalte gegen andere Menschen desselben Geschlechts. War… Weiterlesen »Plastikkisten

Nicht ohne Hilfe

Natürlich sind Helena und ich nicht völlig überraschend beim Jugendamt aufgetaucht, sondern ich habe uns vorher per Mail angekündigt. Klar, am Wochenende liest niemand seine dienstlichen Mails, aber immerhin hatte die zuständige Mitarbeiterin so direkt zu Dienstbeginn eine Information. Es war etwa 7.35 Uhr, als mein Handy klingelte. Nachdem ich in der Mail nur zwei Sätze geschrieben habe, sagte sie: „Frau Socke, mit Verlaub, Sie kommen gerade von der Uni, sind noch sehr jung, sind persönlich betroffen: Darf ich bitte einmal ausschließen, dass Sie aus einer möglichen Unerfahrenheit heraus Dinge anders bewerten als wir es hier tun? Wir wissen, dass… Weiterlesen »Nicht ohne Hilfe

Tausend

Sonst habe ich ja häufig die Schnapszahlen hervorgehoben. Aber die Tausend? Die ist schon eine Erwähnung wert. Finde ich. Auch ohne Schnaps. Tausend. Tausend Mal gepostet. Die meisten Statistiken (welcher Beitrag wurde am häufigsten geklickt etc.) werden ja fortwährend in der rechten Spalte angezeigt. Wenn ich also etwas Neues berichten will, muss ich wohl auf die unveröffentlichten Statistiken aus dem Hintergrund zugreifen. Also: Seit Beginn wurde mein Blog mehr als 6,2 Millionen Mal angeklickt. Und während in den ersten Tagen kein einziger Besucher auf meine neue Seite kam, waren es im ersten Monat immerhin schon gleich über 13.000 Klicks. Also… Weiterlesen »Tausend

Auberginen

Ich glaube: Eins der größten Probleme unserer Gesellschaft ist der sorglose Umgang mit Macht. Sorglos ist bereits, wer sich durch Vorurteile lenken lässt. Ja, ich weiß, davon ist niemand ganz frei. Und nein, ich weiß auch, dass statistisch gesehen mehr Jungs Fußball spielen und mehr Mädchen reiten. Vermutlich werden auch die meisten Frauen, die heute Kinder bekommen, ihre Töchter auch Fußball spielen und ihre Söhne auch reiten lassen. Ich habe vor ziemlich genau acht Jahren von einem Freund anlässlich eines Workshops eine Botschaft gehört, die ich nach wie vor elementar wichtig finde: „Wir müssen aufpassen, dass nicht wir es sind,… Weiterlesen »Auberginen

Uff.

Ich habe es befürchtet. Ich hatte es im Gefühl. Und nicht nur ich, sondern auch Marie. Helena, die seit gestern abend bei uns ist, bekommt nicht nur kein Eis oder wird von den mit ihr im Haushalt lebenden leiblichen Kindern ihrer Pflegeeltern ausgegrenzt, sondern ich kann (und muss) hier davon ausgehen, dass ihre persönliche Entwicklung innerhalb dieser Pflegefamilie erheblich beeinträchtigt ist. Daraus ergibt sich ein großer Konflikt, und das meinte ich in meinem letzten Beitrag, als ich befürchtet hatte,  Helena mit meinem (unserem) Angebot, hin und wieder mal ein Wochenende „raus“ zu kommen, einen Bärendienst zu erweisen: Ich bin aus… Weiterlesen »Uff.