Marie

Marmelade

Eigentlich wollte ich heute ganz viel Positives schreiben, einige schöne Ostseefotos posten … nee. Ich warne schonmal vor: Wer ohnehin schon genervt ist, sollte sich vielleicht vorher und rechtzeitig eine Tischkante zum Reinbeißen suchen. Ich bin auch Tage danach noch schwer genervt. Marie auch. Helena sowieso. Es macht einfach nur fassungslos. Helena kam am Freitag vom Einkaufen zurück. Es war ihr irgendwie wichtig, das alleine zu machen. Also zum Wochenende noch alles das zu holen, was wir nicht vorher einkaufen konnten. Das Meiste hatten wir schon mit dem Auto geholt, aber Frisches und Vergessenes fehlte noch. Zudem hatten sich Susi… Weiterlesen »Marmelade

Alleine sein

Aktuell ist ja sehr lange hell. Im Norden sogar noch etwas länger als im Süden. Helena verschwindet regelmäßig, wenn die Psychotherapie zu aufwühlend war, mit einer Flasche Malzbier und ihrem Handbike für etwa zwei Stunden. Sie fährt ans Meer, setzt sich auf eine Düne, schaut auf das endlose Meer, ordnet ihre Gedanken, rekapituliert noch einmal die Stunde, weint, verarbeitet und gibt sich irgendwann den Ruck, diesen Happen abzuschließen und herunterzuschlucken. Anfangs, gerade beim ersten Mal, hatten Marie und ich sehr viel Angst, dass sie sich selbst etwas antut. Aber sie braucht offenbar nur eins: Einen Moment Einsamkeit. Vor zwei Wochen… Weiterlesen »Alleine sein

Endlich Ferien

Vor einem halben Jahr war es schon ein kleines Drama. Der letzte Zeugnisausgabetag war für Helena sehr aufwühlend, obwohl Marie und ich nie Druck gemacht hatten. Nachgewirkt hatte offenbar das unmögliche Verhalten der früheren Pflegeeltern, die offenbar ihre Ziele ausschließlich durch Bestrafung ereichen wollten. Das ist so sehr eingebrannt, dass Helena auch an diesem Morgen völlig in sich gekehrt am Frühstückstisch saß. Inzwischen konnten wir es ja bereits einordnen. Allerdings gefiel es mir nicht, denn die Stimmung wird nicht heute morgen, sondern schon viel früher umgeschlagen sein. Ich muss sagen, dass ich mir früher nie großartige Gedanken darüber gemacht habe,… Weiterlesen »Endlich Ferien

Klassenfahrt

Seit heute ist Helena wieder da. Am Mittwoch war sie mit ihrer Klasse nach Bayern gefahren. Auf Klassenfahrt. Zusammen mit einer Parallelklasse. Und vier Lehrkräften. Diejenige Lehrkraft, mit der wir vorher alles besprochen haben, war kurzfristig nicht dabei. Als ich Helena am Mittwoch zum Bahnhof brachte, hieß es, dass die eine Lehrerin „sich mit dem Fahrrad gemault“ hätte und mit Gipsarm nicht arbeitsfähig sei. Natürlich erfuhren wir das erst bei Abfahrt. Ich will ja nicht immer nur meckern, zumal Helena die Klassenfahrt sehr gut gefallen hat. Andererseits finde ich aber auch, dass es nicht sein kann, dass Menschen mit Behinderung… Weiterlesen »Klassenfahrt

Nicht nur Vögel

Einen ganz schönen Schrecken habe ich gestern bekommen, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Marie müsste auch jeden Moment kommen, Helena sollte eigentlich schon zu Hause sein. Ihre Sachen waren auch schon da, ihr Rollstuhl parkte im Flur, in ihrem Zimmer war sie aber nicht. Im ganzen Haus war sie nicht. Ihr Handy lag auf ihrem Schreibtisch. Ich rief nach ihr. Niemand antwortete. Spielte sie Verstecken mit mir? Das wäre das erste Mal. Die Terrassentür war auch zu, also im Garten war sie nicht. Ich schaute in jedes Zimmer, guckte unter ihre Bettdecke – nichts. Irgendwann schaute ich… Weiterlesen »Nicht nur Vögel

Salz in der Luft

Seit rund einem Dreivierteljahr lebt Helena nun schon bei uns. Ich muss sagen, dass ich mir einige Dinge sehr viel schwieriger vorgestellt habe. Wobei ich den Tag nicht vor dem Abend loben möchte, denn wer weiß schon, was alles noch kommt. Aber für den Moment kann ich sagen: Helena ist im Alltag absolut pflegeleicht und eine wunderbare Bereicherung. Nein, es läuft nicht alles wie am Schnürchen und ja, es gibt durchaus unterschiedliche Meinungen. Ein Diabetes ist nicht einfach, eine Cerebralparese, und sei sie noch so diskret ausgeprägt, ist eine körperliche Einschränkung. Andere Dinge habe ich mir, und das muss ich… Weiterlesen »Salz in der Luft

Fahrstunden

Susi und Otto sind ja immer sehr besorgt um ihre beiden Töchter. Sowohl um ihre leibliche als auch um mich. So bekamen wir beide zu Ostern zwei Gutscheine geschenkt: Nach fast zehn Jahren sollten wir beide eine Fahrstunde nehmen und an einem Fahr-Sicherheitstraining teilnehmen. Ich fand die Idee gut, Marie auch. Kann nie schaden, sich nochmal updaten und eingeschliffene Fehler auszumerzen zu lassen. Fahr-Sicherheitstraining ist erst in einigen Monaten, aber wir waren in der letzten Woche bei einer Fahrschule in der nächsten größeren Stadt und haben den ersten Teil des Geschenks eingelöst. Es gibt ja nicht so viele Fahrschulen mit… Weiterlesen »Fahrstunden

Elternabend

Ich war kürzlich beim Elternabend. Ich hätte nicht vermutet, dass ich so schnell einmal selbst zum Elternabend gehen würde. Der letzte fiel krankheitsbedingt komplett aus, zum allerersten dieses Schuljahres war Marie dort, da waren allerdings nur fünf weitere Personen vor Ort. Dieses Mal musste Marie arbeiten, also war ich vor Ort. Helena war spürbar verunsichert an dem Nachmittag davor, ich fragte sie noch, ob wir vorher noch über irgendwas reden wollen, aber sie sagte: „Das Schwierige ist, dass ich nie so genau weiß, ob ich alles richtig gemacht habe.“ Ich erklärte ihr dann nochmal, dass sie nicht alles richtig machen… Weiterlesen »Elternabend

Trampolin

Helenas Krankenkasse ist halbwegs zur Vernunft gekommen und will ihre Insulinpumpe nun doch vollständig übernehmen. Also zumindest den verordnungsfähigen Teil des Systems. Die Zuzahlung, die anfallen sollte, weil die Insulinpumpe angeblich einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ersetzen soll, soll entfallen. Die Krankenkasse hat den Bescheid trotz angezeigter Vertretung nicht an den Anwalt geschickt, sondern direkt an (die minderjährige) Helena. Die Kohle werde auch nicht an uns überwiesen, die ja die Rechnung bereits bezahlt haben, sondern an die Firma, die uns die Pumpe verkauft hat. Es steht ein Satz im Bescheid: „Bitte setzen Sie sich zwecks Abrechnung Ihrer Vorleistung direkt mit… Weiterlesen »Trampolin

Glücklich und zufrieden

Ja, gestern fühlte ich mich so halbwegs wieder fit. Was auch einigermaßen wichtig war, denn wir bekamen Besuch vom Jugendamt, das sich turnusmäßig anschauen wollte, wie es Helena geht. Um turnusmäßig zu entscheiden, wie es mit Helena weitergeht. Weil ja alles so schön unter gefühlt einem halben Dutzend Behörden aufgeteilt ist, müssen wir uns mit zwei Jugendämtern unterhalten: Ein örtliches, das offiziell für Erziehungsfragen und die Auszahlung der Kohle zuständig ist, und eins an ihrem bisherigen Wohnort, das für die Kohle aufkommen muss, die Helena kostet. Das Kosten tragende Jugendamt hat sie seit Monaten nicht mehr gesehen, und bisher sind… Weiterlesen »Glücklich und zufrieden