Marie

Eis im Sommer

Es nĂĽtzt nichts. Ich muss es im Tagebuch aufschreiben, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole und noch mehr Leserinnen und Leser denken: So oft gibt es das doch nicht! Doch, so oft gibt es das. Wir sind auf dem RĂĽckweg von Maries Eltern an einem Fahrradunfall vorbeigekommen. Auto gegen Fahrrad, vermutlich Abbiegefehler der Audi-Fahrerin. Fahrrad lag auf der StraĂźe, Radfahrerin mit Helm lag daneben, ein halber Einkauf hatte sich quer ĂĽber die StraĂźe verteilt, der Audi stand zehn Meter weiter am StraĂźenrand. „Das muss gerade eben passiert sein“, sagte Marie, während ich auf den Verkehr achtete. Der… Weiterlesen »Eis im Sommer

Immenhof

Inzwischen hat es Zeugnisse gegeben. Ich bin ganz ĂĽberrascht, wie groĂź das Interesse unter meinen Leserinnen und Lesern ist. Diverse Nachfragen habe ich dazu bekommen. Maries und mein Interesse war natĂĽrlich auch sehr groĂź. Und Helena war, obwohl wir keinen Druck gemacht haben, so aufgeregt, dass sie morgens ĂĽberhaupt nichts essen wollte. Zum GlĂĽck hat sie das nicht erst nach den ersten zwei Bissen gemerkt, sondern vorher, so dass wir die Insulindosis anpassen konnten. Und dabei waren die Noten eigentlich alle halbwegs bekannt. Ich hatte an dem Tag frei, war morgens zwei Stunden zusammen mit Marie schwimmen. Als Helena mittags… Weiterlesen »Immenhof

Gute Vorsätze und: Wie man damit umgeht

„Gute Vorsätze“ ist, glaube ich, ein Instrument, um vom Jahreswechsel-Blues, den viele Menschen schieben, wenn sie die letzten 365,25 Tage in ihren Gedanken Revue passieren lassen, abzulenken. Genauso wie die Knallerei. Die soll böse Geister vertreiben. Vermutlich nicht nur die drauĂźen, sondern auch die, die auf der Psyche liegen. Wenn Weihnachten, das Fest der Liebe, vorbei ist, und alle Aufregung verflogen, dann brauchen die Menschen etwas, an dem sie sich festhalten können. Gute Vorsätze. FrĂĽher oder später ist der Jahreswechsel-Blues weg. Alle sind wieder im Alltag angekommen, sind wieder im Stress, sind mittendrin. Mit ihm weg sind dann auch die… Weiterlesen »Gute Vorsätze und: Wie man damit umgeht

Fridolin

Bis heute scheint es keine Probleme damit zu geben, dass Helena ihren Schulweg mit dem Rollstuhl zurĂĽcklegt. Auf meine Frage, ob ich sie am Montag bis zur Schule begleiten soll, antwortete sie: „Nee, was sollen denn die anderen Leute von mir denken? Dass ich den Schulweg nicht alleine finde?“ Als sie mittags nach Hause kam, war sie fröhlich. „Er hat ĂĽbrigens seit heute einen Namen: Fridolin Bumblebee.“ – Ich musste laut lachen. Ich bin immer wieder fasziniert von ihrer Fantasie. Sie gackerte mit und sagte: „Etwas ernsthafter bitte, ja? Er kann nichts dafĂĽr.“ – „FĂĽr seinen Namen?“ – „Ja.“ –… Weiterlesen »Fridolin

Hokuspokus

Ich war heute nach Feierabend noch einmal im Schwimmbad. Helena war mit eine Freundin verabredet, Marie hilft heute ihrer Mutter bei einer Jahresabrechnung und ich hatte nochmal Lust auf den Blindfisch. Normalerweise glaube ich nicht an Hokuspokus. Aber manchmal habe ich das GefĂĽhl, als gäbe es eine gewisse Paranormalität. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass die Frau bereits fertig ist mit Schwimmen und im nassen Badeanzug, in ein Handtuch eingewickelt, auf einer gefliesten Bank sitzt und … auf mich wartet? WĂĽrde sie sehen können, wĂĽrde ich sagen, sie starrt Löcher in die Luft. Ich rolle zu ihr und… Weiterlesen »Hokuspokus

Infekt und Mobilität

Ich wollte gerade schon schreiben, dass nichts AuĂźergewöhnliches passiert ist, da sitze ich im Dienstzimmer, schreibe noch meinen letzten Bericht fertig, habe eigentlich schon Feierabend und alles an meine Nachtdienst-Kollegin ĂĽbergeben und sehe plötzlich einen Kopf um die Ecke des hölzernen TĂĽrrahmens schauen. „Frau Socke? Könnten Sie sich noch um eine ambulante Patientin kĂĽmmern?“ – „Kann das nicht die Kollegin machen? Ich bin jetzt seit 12 Stunden hier und habe eigentlich Feierabend.“ – „Theoretisch schon, sie hat auch gerade nicht viel zu tun, aber wenn ich Ihnen morgen davon erzähle, wĂĽrden Sie mich anmeckern, wenn ich Ihnen die Dame vorenthalten… Weiterlesen »Infekt und Mobilität

Tina

Endlich mal wieder ein Vormittag, an dem ich nicht arbeiten muss. Marie hat ein Vorstellungsgespräch und ist unterwegs. Helena ist in der Schule. Sturmfreie Bude! Wow, was ich so alles tun könnte. Ich könnte splitterfasernackt zu viel zu lauter Musik durchs ganze Haus tanzen. Ich könnte mich im Latex-Outfit auf dem KĂĽchentisch räkeln, das per Webcam ins weltweite Netz ĂĽbertragen und dabei fĂĽnfhundert Euro verdienen. Ich könnte mir spontan Lukas nach Hause einladen, der ĂĽbrigens ganz offensichtlich immer noch was von mir will, aber immer noch keinen Schritt weiter ist, und mal ĂĽberprĂĽfen, wie sportlich er ist. Irgendwann entfĂĽhre ich… Weiterlesen »Tina

Antibiotika nix gut

Die ersten Festtage haben wir alle gut ĂĽberstanden. Ich musste am 1. Weihnachtstag arbeiten und hatte entgegen meiner Erwartungen eine eher ruhige Schicht. Ich musste mich zusammen mit einer rund 60 Jahre alten Kinderärztin, die nur aushilfsweise eingesetzt war und normalerweise in einer Behörde arbeitet, um vier periphere Kinder- und Jugendstationen kĂĽmmern sowie um alle ambulanten Patienten unter 18 Jahren, die keiner sofortigen Notfallbehandlung bedĂĽrfen. Als einziges kleines Drama kam gleich am frĂĽhesten Morgen ein 2 Jahre altes Kind auf dem Arm des Vaters zur Station. Der Vater verstand nur einzelne Worte, die Mutter auch nicht viel mehr. Zum GlĂĽck… Weiterlesen »Antibiotika nix gut

Weihnachten 2018

Ist es schlimm, wenn ich nicht geputzt habe? Ich finde, es ist immer sauber bei uns. Einmal pro Woche kommt zu uns eine junge Frau, die feucht durchwischt. Einmal im Quartal werden die Fenster geputzt. Ansonsten gurkt, wenn sonst niemand zu Hause ist, ein Saugroboter durch die Räume. Naja, groben Dreck mache ich dann schonmal sofort weg, nasse HĂĽndinnen werden vor der TĂĽr abgetrocknet und ein feuchter Lappen mit etwas Scheuermilch durchquert hin und wieder auch mal das Waschbecken. Aber wenn ich sehe, dass unsere Nachbarn seit Tagen mit nichts anderem mehr beschäftigt sind als mit Hausputz, finde ich Maries… Weiterlesen »Weihnachten 2018

Plätzchen und Smartphone

Ich weiĂź, wir sind sehr spät dran. Aber seit heute gibt es bei uns einen Weihnachtsbaum. Noch steht er auf der Terrasse. Maries Papa hat ihn zusammen mit Helena besorgt. Man kann ihn nach Weihnachten einpflanzen (also es ist einer mit Wurzeln im Eimer), und wir haben auch schon einen Abnehmer in der Nachbarschaft. In den letzten Jahren hatten wir nur ein paar nadelnde Tannenzweige und einen Adventskranz auf dem Tisch, dieses Jahr kommen Maries Eltern zu Besuch und Helena fragte irgendwann mal, ob wir uns eigentlich auch einen Weihnachtsbaum besorgen. Meinetwegen mĂĽsste das nicht sein, aber jetzt, wo er… Weiterlesen »Plätzchen und Smartphone