Politik

Schwer in Ordnung

Ich hatte aufgrund meiner eigenen körperlichen Einschränkung inzwischen ja Kontakt zu sehr vielen Menschen mit Behinderung. Nicht nur in Deutschland oder im europäischen Ausland, sondern weltweit. Nein, „Kontakt haben“ bedeutet nicht unbedingt „kennen“, „gut kennen“, „bekannt sein“ oder „befreundet sein“, sondern ein gemeinsames Thema zu haben, sich auszutauschen, vielleicht sogar, regelmäßig miteinander zu sprechen, Ansichten zu teilen und so weiter. Das gemeinsame (nicht: das einzige) Thema ist auf jeden Fall die persönliche Einschränkung. In diesem meiner Kreise ist sie meistens körperlicher Art und deutlich sichtbar. Mir gefällt, vor allem im Sport, dass mühevolles und behutsames Rantasten oft völlig entfällt. Wenn… Weiterlesen »Schwer in Ordnung

Micki Messer

Abgeordnete sind ja berechtigt, (schriftliche) Anfragen an die Landes- bzw. Bundesregierung zu stellen, die diese dann wahrheitsgemäß zu beantworten hat. Dieses Instrument der (meistens „kleinen“) Anfragen dient der parlamentarischen Kontrolle. Was genau kontrolliert wurde, als der Landtag des Saarlandes von einem Abgeordneten einer Partei, die ich nicht wähle, gefragt wurde, welche Vornamen die deutschen Staatsbürger hatten, die in den letzten zweieinhalb Jahren unter dem Einsatz eines Messers eine Straftat im Saarland begangen haben, erschließt sich mir nicht. Ich bin aber auch keine Politikerin und verstehe davon nicht genug. Jedenfalls hießen, der Antwort zufolge, 24 dieser Straftäter Michael. Daniel kam mit… Weiterlesen »Micki Messer

Schöne Aussicht

Vor einigen Tagen habe ich mich, seit langer Zeit mal wieder, mit einer Freundin getroffen. Wir sprachen über alles mögliche, unter anderem aber über das Thema „Wohnen“ als Mensch im Rollstuhl. Aus Gründen. Seit Jahren gelten in fast allen Bundesländern mehr oder weniger engagierte Bauvorschriften, die die Barrierefreiheit von Mietwohnungen regeln sollen. In den meisten Fällen wird unterschieden zwischen rollstuhlgerechten Wohnungen, die fast überall nur im öffentlich geförderten Wohnungsbau errichtet werden müssen, und barrierefrei erreichbaren Wohnungen, die inzwischen in fast allen Bundesländern nach einem bestimmten Schlüssel in allen Neubauten, ob öffentlich gefördert oder nicht, vorhanden sein müssen. Besagte Freundin ist… Weiterlesen »Schöne Aussicht

Ich heirate eine Cousine

Vorurteile zur Entstehung einer körperlichen Beeinträchtigung gibt es viele. Auch viele hartnäckige. So werde ich regelmäßig gefragt, ob ich kurz nach Erwerb des Führerscheins einen Motorradunfall (oder ersatzweise einen selbst verschuldeten Autounfall) hatte. Teilweise getragen von Mitleid, teilweise aber auch von der Befürchtung, was diese junge Frau den Staat – und damit jeden einzelnen Steuerzahler – wohl alles kosten könnte. Dass diese Art von Fragen oftmals Menschen stellen, die sich abseits der Umsatzsteuer eher wenig an der Finanzierung des Allgemeinwohls beteiligen, ist natürlich auch ein Vorurteil. Wer in Bio aufgepasst hat, weiß, dass es nicht der Storch ist, der die… Weiterlesen »Ich heirate eine Cousine

Keine Wahl

In meinem Geburtsjahr, also vor rund einem Vierteljahrhundert, wurde in Deutschland das so genannte „Betreuungsrecht“ reformiert. Bis dahin konnten Menschen mit Behinderung entmündigt und für sie ein Vormund bestellt werden. Die betroffenen Menschen waren damit geschäftsunfähig (und folglich beispielsweise auch nicht fähig, zu heiraten). Seit der Reform soll genauer hingeschaut werden. Die Betreuung soll als Hilfe verstanden werden. Sie ist quasi eine von einem Richter in einem Betreuungsverfahren angeordnete „Vollmacht“. Der betroffene Mensch wird in seiner Geschäftsfähigkeit nicht mehr automatisch eingeschränkt. Für die Bereiche, in denen er Hilfe benötigt, ist der rechtliche Betreuer berechtigt, zusätzliche rechtswirksame Erklärungen abzugeben. Er muss… Weiterlesen »Keine Wahl

Menschen

Ich hab was gegen Flüchtlinge. Und dazu stehe ich auch. Genau genommen nehme ich meinen Mund gerade zu voll. In Wirklichkeit hätte ich gerne noch mehr dagegen. Mehr als meinen Blog, meine Stimme, meine Gedanken und meinen Brechreiz. Mir fehlen die richtigen Worte. Angesichts meines Blogs ist das schwer zu glauben, aber gerade ist das so. In den letzten Tagen war es so. Es geht mir schlecht. Ich bin ratlos. In einer Wirklichkeit, in der ich keine Antwort habe auf die Umstände, die es nötig machen, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen, um einer Gefahr für ihr Leben und ihre… Weiterlesen »Menschen

Nicht vermittelbar

Pflege und Assistenz von Menschen mit schweren körperlichen Beeinträchtigungen wird, nachdem die Kosten oft die Höchstbeträge der gesetzlichen Pflegeversicherung überschreiten (oder dort nicht vorgesehen sind), von den betroffenen Personen, unabhängig ihres Verschuldens, selbst gezahlt. Oder von ihren Ehe- bzw. Lebenspartnern. Nur wenn diese die oft hohen Summen nicht zahlen können, springt der Staat, in diesem Fall die Sozialhilfe, für die Kosten ein. Immerhin wird, wenn auch oft lückenhaft oder unangemessen begrenzt und oft nicht standardisiert, sondern mitunter von Faktoren wie Wohnort oder Sachbearbeiter abhängig, Menschen mit entsprechenden Behinderungen schonmal grundsätzlich das Recht auf Teilhabe und damit verbunden die dazugehörige Leistung… Weiterlesen »Nicht vermittelbar

Amt und Sexualität

Ich bin kein Sex-Nerd. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Prostituierte aufgesucht, auch keinen Callboy gecallt. Ich hatte eher unfreiwillig und zuletzt zum Glück eher wenig mit Menschen zu tun, für die Behinderung ein Fetisch ist. Ich bekleide kein öffentliches Amt. Aber eins habe ich mit einem städtischen Behindertenbeauftragten aus Rheinland-Pfalz dann doch noch gemeinsam: Ich schreibe öffentlich über (meine) Sexualität. Nicht allzu häufig, sondern eher hin und wieder, aber bei Bedarf auch ausführlich und im Detail. Warum ich das tue, ist schnell beantwortet: Ich glaube, dass es Menschen interessiert. Und das erkenne ich nicht zuletzt an der… Weiterlesen »Amt und Sexualität

Wie einst die Inklusion entstand

Ich habe heute schon wieder dazugelernt. Ich weiß, man lernt täglich dazu. Manchmal nur ein wenig, manchmal auch ein wenig mehr, wie zuletzt bei den Nebenwirkungen von Midazolam. Der Brocken ist noch nicht mal seit einer Woche in meinem Kopf, da kommt schon ein neuer, noch größerer Brocken durch die Pipeline. Langsam wird es selbst mir unheimlich. Ich habe dazugelernt, wie in Deutschland der Begriff „Inklusion“ entstanden ist! Und zwar nicht im Soziologie-Kurs. Da kam Inklusion tatsächlich dran, allerdings war der Kurs schon im vorklinischen Teil des Studiums, und der liegt schon etwas länger zurück. Nein, beim Stöbern im Internet… Weiterlesen »Wie einst die Inklusion entstand

Gene und so

Warum es so lange nichts neues zu lesen gab von mir? Kann ich ganz einfach beantworten. Ich habe eine Zeitlang offline geschrieben (daher ist es nicht ganz richtig, dass es nichts neues gibt, es war nur noch nicht zu sehen), weil mir „online“ auf den Wecker ging. Nicht wegen der vielen freundlichen Leserinnen und Leser, die gerne an meinem Leben teilnehmen. Sondern wegen eines einzelnen Spinners, der zu jedem meiner Postings Dutzende Kommentare verfasst hatte, die alle in eine Richtung gingen, die ich hier nicht lesen wollte. Leider von unterschiedlichen Rechnern. Und leider in eine ähnliche Richtung, die auch kürzlich… Weiterlesen »Gene und so