Schule

Die fabelhafte Welt der Amelie

Schon in den Herbstferien schrieb ich über Fatma, eine junge Frau im Rollstuhl, die in meinem Jahrgang auftauchte. Nach den Herbstferien hieß es, sie sei krank. Irgendwann erwähnte ein Lehrer, dass sie von der Schule wieder abgemeldet worden sei. Warum und wieso – niemand weiß es. Vielleicht war unsere Skepsis zu unbequem. Da sie nicht mehr schulpflichtig ist, gibt es auch keine Handhabe, dort mal nachzufragen. Vielleicht liegt sie inzwischen tot im Keller, das würde vermutlich nicht mal einer merken. Ich habe keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen. Das zu erkennen, schmerzt, das akzeptieren zu müssen, lähmt. Ich könnte kotzen. Seit… Weiterlesen »Die fabelhafte Welt der Amelie

Nichts gelernt

Alles soll besser werden. Das haben die Verantwortlichen der Stadt nach dem letzten Winter versprochen, als auch das letzte Dickfell zugeben musste, dass man die Schneeräumung auf öffentlichen Wegen alles andere als im Griff gehabt hat. Man muss wohl ein sehr großer Träumer sein, wenn man das glaubt. Ich muss allerdings zugeben, ich hatte zumindest gehofft, dass man, nach diesem Versprechen, wenigstens die wichtigsten Fußwege irgendwann mal vom Schnee befreit. Nun gut. Immerhin funktioniert unser Rolltor zur Tiefgarage noch. So kann ich wenigstens mit dem Auto überall hinfahren. Und dass die Wege vom Schulparkplatz zur Schule wenigstens zwei Besen breit… Weiterlesen »Nichts gelernt

Königin der Niederlande

Heute morgen hatten wir ein Schulprojekt in der City. Eigentlich wollten wir uns um 7.30 Uhr im Bahnhof Altona treffen, da aber auf meiner Linie wieder alles drunter und drüber ging, verpätete ich mich. Meine Leute fuhren gerade aus Altona los, als ich am Diebsteich losfuhr, also eine Sekunde zu spät, um umzusteigen. Nun musste ich doch noch den Umweg über Altona nehmen, auch wenn die anderen schon weg waren. Mit mir in der Bahn war ein junger Mann mit Down-Syndrom. Er fährt öfter auf dieser Strecke, arbeitet scheinbar irgendwo in Altona und jedes Mal, wenn er mich sieht, nimmt… Weiterlesen »Königin der Niederlande

Mission gescheitert

Ich weiß nicht, was wir verkehrt machen. Wir kommen keinen Schritt mehr weiter. Auch wenn seit heute Ferien sind, geht mir eine Sache nicht aus dem Kopf: Es geht dabei um Fatma, eine Rollstuhlfahrerin, die seit diesem Sommer an meiner Schule unterrichtet wird. Sie spricht wegen ihrer Behinderung, ich vermute, es ist ein so genannter frühkindlicher Hirnschaden (Zerebralparese), etwas langsam und undeutlich, dafür aber eher laut. Sie wirkt auf mich sehr intelligent, sie spricht perfekt Deutsch – aber sie hat die gesamte Zeit ihre Mutter dabei, die sich mit ihr ausschließlich in türkischer Sprache unterhält. Ja, richtig, die Mutter sitzt… Weiterlesen »Mission gescheitert

Ein schöner Tag

Der heutige Tag ist fast vorrüber. Es war, wie viele andere Tage, ein schöner Tag. Es war vor allem ein Tag ohne Chaos, ohne Nervereien, ohne Katastrophen. Ich bin ganz normal aufgestanden, habe geduscht, gefrühstückt, konnte zwischen zwei Regenschauern mit dem Fahrrad (Handbike) zur Schule fahren, war gut auf den Unterricht vorbereitet, kein Stress, keine Klausuren, keine nervigen Mitschüler, keine bescheuerten Lehrer – alles gut. Nachmittags bin ich zum Gerätetraining ins Krankenhaus gefahren, ohne Zugverspätungen, Aufzugsausfällen oder anderen Katastrophen, hatte anschließend Physiotherapie, bin von meiner Physiotherapeutin eine Dreiviertelstunde am ganzen Körper nur durchgeknetet worden, das war so entspannend, dass ich… Weiterlesen »Ein schöner Tag

Gewisse Außenseiterrolle

Inzwischen weiß ich, worüber sich meine Lehrer Sorgen machen. Ich bin heute morgen noch einmal mit der Frage, ob ich mir denn inzwischen Gedanken gemacht hätte, auf das Thema angesprochen worden. Ich habe geantwortet, dass ich mir zwar Gedanken gemacht hätte, dass ich das Thema aber als erledigt angesehen habe, da ich mich für durchaus ausreichend reflektiert halte. Und wenn da doch noch etwas sei, worüber man reden müsste, dann könnte man sich mit mir wie mit jedem anderen erwachsenen Menschen vernünftig unterhalten. Ich habe wirklich nochmal über alles mögliche nachgedacht. Und meine Leser ja auch… das mit dem Laptop… Weiterlesen »Gewisse Außenseiterrolle

Sorgenvolle Lehrer

Inzwischen bin ich ja 18, und am liebsten werde ich auch wie eine Achtzehnjährige behandelt. Auch von meinen Lehrern, die sich gerade um mich Sorgen machen, mir aber nicht sagen wollen, worüber konkret. Ich solle mal nachdenken, sagte man mir am letzten Montag einigermaßen offiziell. Ich habe noch versucht, mich davon wenig beeindruckt zu zeigen, denn wenn man mit mir über irgendetwas reden möchte, dann soll man es doch einfach tun. Also wenn ich Mist gebaut habe oder so. Kann ja mal vorkommen. Aber mir ein schlechtes Gewissen machen ohne dabei zu sagen, was eigentlich los ist, finde ich nicht… Weiterlesen »Sorgenvolle Lehrer

Zehn gute Nachrichten

Das waren aufregende 10 Tage, die seit meinem letzten Eintrag vergangen sind. 10 Tage für 10 gute Nachrichten – das ist doch ein guter Deal. Wo fange ich an? 1. Ich bin endlich aus dem Krankenhaus entlassen worden. Und zwar noch am Mittwoch, es hat quasi in letzter Sekunde noch geklappt. Erst hieß es, es sei so viel zu tun, dass die Entlassung auf Donnerstagvormittag verlegt werden sollte, aber dann habe ich sie alle so um meine Finger gewickelt, dass es gerade so eben noch funktioniert hat. Endlich wieder zu Hause! (Erste gute Nachricht.) 2. Meine Bude steht noch. Mein… Weiterlesen »Zehn gute Nachrichten

Hauptsache Haut

Endlich darf ich wieder sitzen und am Laptop schreiben… seit letzten Freitag bin ich im Krankenhaus und schaue die Decke an. Nicht aufstehen, nicht umdrehen, nicht hinsetzen, zum Essen und trinken am besten mit Strohhalm und Kopf seitwärts im Liegen. Einziger Lichtblick: Ein Flachbild-Fernseher an einem langen Arm, den man so über das Bett schwenken kann, dass man in Rückenlage mit Blick an die Decke was sieht. Da hat mal einer mitgedacht. Normalerweise bin ich Teamwork eher zu- als abgeneigt, aber seit letztem Freitag muss ich mir das wohl nochmal überlegen. Wir saßen in Sechsergruppen an den Tischen und …… Weiterlesen »Hauptsache Haut

Erschrocken und entsetzt

Manchmal ist die Schulbehörde ja sehr schnell. Ich hatte bereits heute eine (erste) Antwort auf meinen Brief vom letzten Donnerstag. Ich möchte sie meinen Lesern nicht vorenthalten: „Sehr geehrte Frau …, vielen Dank für Ihr Schreiben vom 01.04.10, gerichtet an die Senatorin Christa Goetsch. Frau Goetsch hat mich gebeten, Ihnen zu antworten. Bitte erlauben Sie mir zunächst, Ihnen mein Mitgefühl für Ihre Behinderung und meinen Respekt vor Ihrer Willensstärke auszudrücken. Selbstverständlich dürfen Sie davon ausgehen, gerade von staatlichen Stellen nicht wegen Ihrer Behinderung benachteiligt oder gar diskriminiert zu werden. Über Ihre Schilderung bin ich gleichermaßen erschrocken und entsetzt. Ich habe… Weiterlesen »Erschrocken und entsetzt