Allgemein

Ständer und Heizung

Bekanntlich ist mit einem Nachtdienst ja nicht aller Nächte Morgen. Oder so ähnlich. Es ist gerade halb zwei Uhr nachts, ich darf alleine mit drei Pflegekräften und einem Sicherheitsmenschen die chirurgische Notaufnahme über Wasser halten, während alles, was nicht mehr studiert, entweder im OP steht oder schläft. Während ich mich schon um ein schreiendes Kind mit einem unreifen Eiterpickel, zwei betrunkene Frauen mit Schürfwunden, einen jungen Mann mit einem gebrochenen Unterarm, einen älteren Mann mit einem Splitter im Handteller und eine alte Dame mit einer verstauchten Hand gekümmert habe, kommt als nächstes ein Mann mit einem angeblichen Abszess im Genitalbereich.… Weiterlesen »Ständer und Heizung

Fahrdienst und andere Katastrophen

Weiblich, 21 Jahre alt, wartet laut Computer seit zwei Stunden und 38 Minuten mit akuten Rückenschmerzen. Es ist kurz nach zwölf Uhr nachts. Verpflichtend ist der Nachtdienst im Praktischen Jahr zwar bei uns nicht, aber wehren kann man sich trotzdem kaum dagegen. Es gibt da so Erwartungen. Ich bin alleine in der chirurgischen Aufnahme. Natürlich sind Pflegekräfte da, und ein Sicherheitsmensch döst in einem Sozialraum vor einem flimmernden Fernseher. Approbierte Mediziner? Gerade Fehlanzeige. Alles, was Dienst hat, steht im OP. Versucht sich an einer älteren Dame, die kopfüber aus dem Fenster gestürzt ist und am Ende doch noch verstirbt. Und… Weiterlesen »Fahrdienst und andere Katastrophen

Basta

Tatsächlich habe ich schon die fünfte Million voll. Sogar schon die halbe sechste, wenn man genau sein möchte. Seitenaufrufe. Wobei die Aufrufe vom selben PC innerhalb von 30 Minuten nur einmal gezählt werden. Also falls sich jemand durchklickt. Aktuell klicken regelmäßig wieder zwischen 1.750 und 2.500 Leute auf meine Seite. Täglich. Es waren auch schonmal über 5.000 pro Tag, aber das ist zwei bis fünf Jahre her. Derzeit gibt es über 950 Beiträge von mir – und fast 10.000 Kommentare meiner Leserinnen und Leser. Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt noch etwas schreibe. Aber wie ich sehe, auch anhand… Weiterlesen »Basta

Roter Teppich

Es ist 22.00 Uhr, endlich Feierabend. Ich will nur noch nach Hause. Ich muss ein Stück mit dem Bus, dann mit der S-Bahn, dann wieder mit dem Bus fahren. Wenn alles klappt, bin ich in 40 Minuten zu Hause. Ich mag nach einem anstrengenden Dienst nicht mehr mit dem Auto fahren. Aus Angst, während der Fahrt einzupennen. Das wäre im Bus oder in der S-Bahn nicht so schlimm. Vor der Fahrt nochmal zum Klo, dann müsste meine neurogene Blase eigentlich die 40 Minuten locker überstehen. Auch zwei Stunden sollte sie eigentlich schaffen. Mein Problem: Wenn es dann doch mal dringend… Weiterlesen »Roter Teppich

Schlechte Welt

Ach, wie schlecht ist die Welt doch geworden. Sagt mein Nachbar, während er mit mir im Aufzug steht. In dem großen 30-Parteien-Mietshaus in meinem Studienort, in dem ich zurzeit wohne. Ich kenne seinen Namen nicht. Aber ich sehe, dass er Alkoholiker ist. Ich schätze sein Lebensalter auf 70 bis 75 Jahre, das Alter seiner Klamotten auf 30 bis 40 Jahre. Eine Strickjacke, deren Reißverschluss nur noch zu einem Drittel mit dem Rest der Jacke verbunden ist. Eine Jogginghose, dessen Polyester-Bestandteile sich zu einem Drittel bereits verflüchtigt haben. Er weiß nicht, was ich studiere, und zeigt mir trotzdem seine Stauungsdermatitis. Möchte… Weiterlesen »Schlechte Welt

Käsekuchen

Gegenüber der Klinik, in der ich zur Zeit mein Praktisches Jahr mache, gibt es einen Bäcker, der halbwegs essbare Brötchen verkauft. Und Semmeln, Wecken, Rundstücke, Schrippen und Bömmeln. Er gehört zu einer Franchise-Kette. Ich nehme mir zum Frühdienst immer zwei Brötchen mit, damit ich in den acht Stunden irgendwas zwischen die Zähne bekomme. Am liebsten halt ein Bestimmtes mit Körnern, das in dieser Kette auch einen eindeutigen Namen hat und pro Stück 65 Cent kostet. Vor einigen Wochen hat der Franchisenehmer gewechselt. Eine ältere Frau, die vorher die Filiale geleitet hat, ist in Rente gegangen, nun ist ein Mann, geschätzt… Weiterlesen »Käsekuchen

Vollmond

Es sind die Nächte rund um den Vollmond, an denen üblicherweise die meisten skurrilen Menschen unterwegs sind. Ich beneide keine Kollegin und keinen Kollegen um seinen Nachtdienst (den ich im Moment zum Glück nicht machen muss), denn die denken im Moment jede Nacht, es ginge nicht mehr schlimmer – bevor der Nächste völlig frei dreht. Dabei muss es gar nicht der Mann im Nachthemd sein, der vom Kirchturm fällt: In der vorletzten Nacht kam einer nackt mit einem Straßenbesen in der Hand durch die Tür zur Notaufnahme, unterhielt sich zuerst mit einem Feuerlöscher, später tanzte er mit seinem Besen und… Weiterlesen »Vollmond

Perspektivwechsel

Ich bin schon oft gefragt worden, wie ich mich mit meinem Rollstuhl fortbewege. Ich habe da mal ein Video gemacht aus einer wohl eher seltenen Perspektive. Der schwarze Balken und die eher niedrige Auflösung müssen sein, damit sich hier niemand wiedererkennt. Ich hoffe, es gefällt und vermittelt einen Eindruck. Welchen … darf gerne kommentiert werden. Hier.

Blutende Glatzen, kotzende Segler

Wie ich sehe, kommen die Anekdoten sehr gut an. Ich habe noch ein paar frische aus der chirurgischen Notaufnahme, in der ich derzeit mein zweites Drittel meines Praktischen Jahrs verrichte. Ich bin im Moment gefühlt für alles zuständig, was nicht lebensbedrohlich ist. Nicht als einzige, aber inzwischen wohl erstmal alleine. Vor jeder Diagnose, Therapie und Entlassung muss ich zumindest mit der Akte einmal zu einer approbierten Kollegin oder einem approbierten Kollegen und mir ein Okay holen – sofern ich nicht sowieso Fragen habe oder mir unsicher bin. Übung macht die Meisterin. Hat mal jemand gesagt. Ich lerne also sehr viel.… Weiterlesen »Blutende Glatzen, kotzende Segler

Lena

Ich habe auch das letzte Wochenende wieder mit Marie und ihrer Familie verbracht. Es war, wie immer, sehr schön. Die Sonne hatte sich angekündigt, entsprechend waren wir alle Vier über die freien Tage an der Ostsee. Maries Eltern leisten sich dort nach wie vor ein Wochenendhaus. Wir haben gegrillt, wir waren im Meer schwimmen, haben sogar eine Zeitlang am Strand gelegen – besser hätte ich mich nicht entspannen können. Wir haben unter anderem noch einmal sehr ausführlich über meinen Blog und das Drama, das sich vor etwa zwei Jahren daraus entwickelt hat, gesprochen. Ob es nicht einfacher wäre, das Ding… Weiterlesen »Lena