Behinderung

Ziemlich beste Freunde

„Am liebsten den um 20.20 Uhr.“ – „Nein, der ist ausverkauft. FĂĽr 23.10 Uhr hätten wir noch Karten.“ – „Okay, dann gehen wir vorher noch was essen. Wir sind 16 Rollstuhlfahrer und eine Begleitperson, also 17 Leute insgesamt. Gibt es da schon Gruppenrabatt?“ – „17 Rollstuhlfahrer? Unmöglich. Wir haben nur zwei Rollstuhlplätze.“ – „Wie jetzt? Kommen Sie schon, wir wollen den sehen. Wir setzen uns auf die normalen Sitzplätze um.“ – „Sie brauchen doch die RollstĂĽhle im Evakuierungsfall.“ – „Wir krabbeln raus, wenn es brennt.“ Eine Kollegin blickt ihr von hinten ĂĽber die Schulter. „Das ist Saal 1, der hat… Weiterlesen »Ziemlich beste Freunde

Ganz viel heiĂźe Luft

Heute saĂź ich im Bus, zusammen mit Cathleen, als eine Frau, schätzungsweise Mitte 40, den roten Knopf drĂĽckte, den man drĂĽckt, wenn man an der nächsten Station aussteigen will. Als Quittung leuchtet meistens irgendwo „Wagen hält“ auf. Der Bus hält an der nächsten Station, die Frau geht nach drauĂźen, dreht sich um, lässt einen FuĂź in der TĂĽr stehen, wartet drei Sekunden, kommt wieder rein. Cathleen und ich schauen uns fragend an. Vermutlich hat sie zu frĂĽh gedrĂĽckt, möchte erst an der nächsten oder ĂĽbernächsten Station raus. Tatsächlich, zwei Stationen später drĂĽckt sie erneut. Der Bus hält an, sie steigt… Weiterlesen »Ganz viel heiĂźe Luft

Expertenmeinung

Im August hatte ich es am Rande in meinem Beitrag „Behinderte Schweine“ erwähnt: Vier Leute aus meinem Sportverein sind in ein barrierefreies Wohnhaus nach Bergedorf gezogen. Im Gegensatz zu unserem Wohnprojekt, zu dem auch das Angebot von Pflege und Assistenz gehört, handelt es sich dort um ein Mehrgenerationenhaus mit Einzelangeboten fĂĽr ältere Menschen (Kartenspielen, Hausnotruf). Es sind dort auch keine Wohngruppen, sondern einzelne Wohnungen. Allerdings: Gemeinschaftsräume gibt es dort auch. Vielleicht hatte man etwas nettes im Sinn, als man das Haus baute, vielleicht wollte man auch nur eine MarktlĂĽcke schlieĂźen. Ich weiĂź es nicht. Jedenfalls gibt es dort seit dem… Weiterlesen »Expertenmeinung

Selbstbestimmt leben

Cathleen und ich waren gestern unterwegs zu einem unangekĂĽndigten Spontanbesuch bei Maria. Normalerweise mache ich so etwas nie, ich melde mich immer an, bevor ich jemanden besuche, zumindest frage ich direkt vorher per SMS an, ob es okay wäre. Ich hatte nach der Sache mit Marion ein sehr komisches GefĂĽhl und wollte einerseits meinen „Bauch“ beruhigen, der fĂĽr dieses komische GefĂĽhl verantwortlich war, andererseits wollten wir der Maria noch eine Kleinigkeit zum Jahrewechsel vorbei bringen. Es war etwa 17 Uhr, als wir an ihre ZimmertĂĽr klopften. Als kein „Herein“ zu hören war, klopften wir nochmal. Dann vernahmen wir ein eher… Weiterlesen »Selbstbestimmt leben

Fahrstuhl-Ersatzverkehr

  Kommt ein Mann zum Arzt: „Herr Doktor, ich hab seit einer Woche Durchfall!“ – Der Arzt verschreibt ihm Tabletten. Nach einer Woche kommt der Mann wieder zum Arzt. „Na, haben Sie noch immer Durchfall?“ – „Nein, aber jetzt habe ich Rollstuhl!“ Haha. Als Querschnittgelähmte habe ich regelmäßig das Problem, dass mir Niveau auf die FĂĽĂźe fällt. Jeder andere wĂĽrde sie rechtzeitig wegziehen können, nur ich bin halt ein biĂźchen lahm. Um nicht zu sagen: Behindert. Womit wir schon wieder beim Thema wären: Den Witz hat mir heute einer in der S-Bahn frei von der Leber erzählt. Und ich konnte… Weiterlesen »Fahrstuhl-Ersatzverkehr

Mal eben 644 Euro

Ich bin ja schon sehr gespannt auf mein Studium, dessen erste Vorlesung nun offiziell am 2. April beginnt. Lange habe ich darauf warten mĂĽssen, aber inzwischen weiĂź ich, dass alle Unterlagen komplett sind, die Pflegepraktika anerkannt wurden und meine Bewerbung Erfolg hatte. Die meisten meiner kĂĽnftigen Kommilitonen bekommen ihre Zusage erst Ende Januar – manchmal hat eine Behinderung doch auch einen Vorteil. Allerdings: Studieren in Hamburg ist teuer. Ganze 644 Euro möchte die Uni pro Semester, also pro Halbjahr, von mir haben. Setzt sich wie folgt zusammen: 375,00 € StudiengebĂĽhren 146,90 € Semesterticket 60,00 € Beitrag Studierendenwerk 50,00 € Verwaltungskostenbeitrag… Weiterlesen »Mal eben 644 Euro

Kalte Dusche

Noch nicht reif genug zu sein, um alle möglichen Schwierigkeiten vorauszusehen, kann ein Vorteil sein. Noch nicht schlau genug zu sein, um zu erkennen, wo ein Holzweg beginnt, ebenfalls. Manchmal können Reife und Weisheit von Nachteil sein – dann nämlich, wenn sie einem Angst machen und man vor lauter Angst sich nicht mehr traut, auf sein Herz oder seinen Bauch zu hören. Es ist unprofessionell, zu einer Klientin eine persönliche (freundschaftliche) Beziehung aufzubauen oder zu unterhalten. Es ist noch unprofessioneller, eine Klientin spĂĽren zu lassen, dass man sie lieb hat. Und es hätte mich meinen Job gekostet, hätte ich das,… Weiterlesen »Kalte Dusche

Der Achte

Ich wurde ja mehrmals gefragt, ob ich ständig so etwas erlebe, wie im Beitrag Sieben an einem Tag beschrieben. Die Antwort lautet: Ständig. Wirklich ständig. Nicht täglich, aber zumindest in so kurzen Abständen, dass es eintönig werden wĂĽrde, wenn ich ständig darĂĽber schreibe. Immerhin gibt es zwischenzeitlich auch wieder tolle und nette Dinge, sie ĂĽberwiegen auch, aber gerade heute steht es mir schon wieder bis zum Hals. Ich möchte von meiner Physiotherapie zum Bahnhof fahren, warte an der Haltestelle auf den Bus, der soll in vier Minuten kommen. Mit mir warten noch zwei andere Leute. Der Bus kommt, der Fahrer… Weiterlesen »Der Achte

Ein tolles Erlebnis

Cathleen und ich hätten beide nicht gedacht, dass wir uns, drei Wochen nach unserem letzten Trainingslager, dazu ĂĽberreden lassen, noch einmal fĂĽr ein Wochenende quer durch die Republik zu gondeln, um uns erneut dem Paratriathlon hinzugeben. Diesmal war es allerdings weder ein Wettkampf noch ein Trainingslager, sondern ein Jugendcamp – offen fĂĽr alle Bundesländer und eindeutig fĂĽr den Nachwuchs, der noch mindestens vier bis acht Jahre jĂĽnger ist als wir. Das heiĂźt: Sportlich konnten wir da nicht mehr allzu viel lernen. Es wurden Helfer gesucht, die quasi zu zweit eine Wochenendpatenschaft fĂĽr jeweils eine bestimmte Gruppe ĂĽbernehmen sollten. Eine noch… Weiterlesen »Ein tolles Erlebnis

Betreuung fĂĽr meine Mutter

Ăśber Behördenpost freue ich mich doch immer wieder ganz besonders. Meistens verbergen sich in diesen Briefumschlägen nette Ăśberraschungen. Entweder braucht man danach einen Anwalt, viel Geld oder viel Zeit. Zunächst hatte ich vermutet, dass es um die einstweilige VerfĂĽgung geht, die gegen meine Mutter erlassen worden ist. Als ich den Brief dann jedoch las, stellte ich fest, dass es um etwas ganz anderes ging: Man wolle mich in einer Betreuungssache anhören und es werde ein Sitzungstermin anberaumt. Ich habe das gleich an Frank weitergereicht, der dann Licht ins Dunkel brachte. Das, was hier auch bereits einige Kommentatoren erwähnt hatten, hatte… Weiterlesen »Betreuung fĂĽr meine Mutter