Studium

Feen sitzen nicht im Rollstuhl

Nachdem ich meine erste Lektion gelernt habe, nämlich dass mein Studium nur durch Selektion, großer Distanz und erheblichem Egoismus durchzuhalten ist, bin ich zur Zeit etwas entspannter. Sätze wie „Prüfung A ist strategisch wichtiger als Prüfung B“, „Nein, ich bin bereits ausgelastet“ und „Was kümmern mich deine Probleme“ gehören üblicherweise nicht zu meinem Repertorium (wie man unschwer erkennt, verdrängt der Überfluss an lateinischen Vokabeln sogar von Zeit zu Zeit mein innig geliebtes Schulfranzösisch). Viel weiter noch: Ich lehne solche Überlegungen, erst recht solche Haltungen, ab und kann mich mit ihnen nicht identifizieren. Sie entsprechen nicht meinem Verständnis vom gesellschaftlichen Miteinander.… Weiterlesen »Feen sitzen nicht im Rollstuhl

Allerbeste Freundin

Liebes (Online-) Tagebuch, ich brauche gerade mal jemanden zum Auskotzen. Es ist sehr spät in der Nacht und ich kann nicht schlafen, weil meine Gedanken mich einfach nicht in Ruhe lassen. In mir kreisen jede Menge Zweifel und Ängste, die sich mit ein paar vernünftigen Überlegungen nicht abstellen lassen. Immer, wenn es mir so geht, wie es mir gerade geht, merke ich, wie sehr ich mich an meiner Ordnung festhalte. Ich bin jemand, und ich habe das Gefühl, mit zunehmendem Alter prägt sich das immer stärker aus, der sehr viel Wert darauf legt, mir wichtige Dinge in sicheren Verhältnissen zu… Weiterlesen »Allerbeste Freundin

So gar nicht attraktiv

Nach meinem erfolgreichem Probesemester und etlichen Begrüßungs- und Einführungsveranstaltungen bin ich nun seit zwei Wochen regulär Studentin – mit dem kleinen Vorsprung, den das Probesemester mir mitgegeben hat. Allerdings ist mein Kalender inzwischen so derbe vollgepackt, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt große Zweifel habe, ob ich das durchhalte. Ich habe in der letzten Woche drei Mal Sport abgesagt, habe teilweise bis spät in die Nacht noch irgendwas gelernt oder schriftlich vorbereitet, bin nur noch müde und habe so gut wie keine Zeit mehr für mich. Mal schauen, ob sich das noch relativiert. Vor den Semesterferien war es nicht so extrem.… Weiterlesen »So gar nicht attraktiv

Belämmerter Beginn, exzellentes Ende

Dass jemand krankheitsbedingt eine Vorlesung absagen muss, kann passieren, aber ich bin strikt dafür, dass man einen Mailverteiler anlegt und solche Ausfälle kommuniziert, vor allem dann, wenn so etwas frühzeitig bekannt ist. Oder meinetwegen auch auf einer Internetseite, die jeder noch einmal aufrufen kann, bevor er sich auf den Weg macht. Die meisten meiner Kommilitonen störte der Ausfall wenig; mir jedoch ging es auf den Wecker, weil ich nur für diese eine Vorlesung eine Stunde lang mit einem schweren Rucksack dorthin gegurkt bin und eine weitere Stunde wieder zurück fahren würde. Am frühen Nachmittag hatte ich einen Termin bei meiner… Weiterlesen »Belämmerter Beginn, exzellentes Ende

Rettungslore und Gartenpool

In der letzten Woche hatten wir es in unserem Studium erstmals mit einer Professorin zu tun, die sich als Anästhesistin lange Zeit darum gekümmert hat, dass Patienten bei einer OP gut schlafen, andererseits aber auch über Jahre als Notärztin unterwegs war. Sie stammt aus dem Rheinland und heißt mit Vornamen Lore, was jetzt erstmal nicht so spannend wäre, hätte sie nicht erzählt, dass ihre Kolleginnen und Kollegen sie damals immer „Rettungslore“ genannt haben. Marie und ich schauten uns an, wussten, frevelhaft wie wir nunmal sind, nicht, ob wir darüber lachen oder weinen sollten, und hatten diese merkwürdige Vorstellung schon wieder… Weiterlesen »Rettungslore und Gartenpool

Wie langweilig

Es hat sich viel verändert. Das wurde mir heute gerade mal wieder bewusst. Nicht nur in meinem Leben, sondern auch in diesem Blog. Das Layout, den Schreibstil – und vor allem die Leserschaft. Wenn ich meine Leser mal ganz nüchtern einfach so beschreiben darf. Als ich noch im Gefängnis war im Krankenhaus lag, hatte mir meine Psychologin, die ich jetzt seit fast vier Jahren kenne, geraten, ein Tagebuch zu schreiben. Stinkesocke, scheiße drauf, hat erstmal endlos gegenan geredet, dann irgendwann doch damit angefangen und es irgendwann auch online gestellt. Nach wie vor schreibe ich das Tagebuch nur für mich und… Weiterlesen »Wie langweilig

Statistik, Taxi, Medizin

Mir wird mal wieder ganz schwindelig. Ich schreibe ein Tagebuch, schreibe es online – und hätte nie für möglich gehalten, dass es so viele Menschen gibt, die das mit- oder sogar durchlesen wollen. Ich dachte einmal, dass mein Leben als Behinderte absolut schrecklich, langweilig, uninteressant sein wird – wer rechnet in der Reha schon damit, dass man als bloggende Rollstuhlfahrerin andere Menschen faszinieren kann? Ehrlich gesagt: Ich habe damals nicht damit gerechnet. Mitte 2009, als ich aus der Klinik entlassen wurde, wurde mein Blog im Internet pro Monat rund 13.000 Mal angeklickt. Ein Jahr später waren es immerhin schon 20.000… Weiterlesen »Statistik, Taxi, Medizin

Der erste Tag

Semesterbeginn war ja schon vor einigen Wochen, aber heute hatte ich meinen ersten offiziellen Tag. Was soll ich sagen? Ich bin erschlagen. Erstmal von den ganzen Leuten, die mich beim Aufnahmetest gesehen haben, die mich wegen meines Rollstuhls wiedererkennen, die ich aber nicht wiedererkenne. Schließlich ist es einfacher, sich das Gesicht einer Rollstuhlfahrerin zu merken als über hundert Gesichter der anderen Leute. Entsprechend oft hörte ich heute: „Hey, wir kennen uns! Du warst doch bei dem Test, freut mich, dass du ihn bestanden hast!“ Die meisten Leute habe ich aber noch nie zuvor gesehen und wenn man den Worten des… Weiterlesen »Der erste Tag

Wieder geritten

Zwei Wochen noch. Ich bin schon jetzt aufgeregt ohne Ende. Wohin soll das noch führen? Wahrscheinlich schlafe ich die letzten beiden Nächte vor meinem ersten Unitag gar nicht mehr. Und dabei ist doch alles ganz easy und in einem halben Jahr werde ich fast nicht mehr verstehen können, wie ich wegen meines Studiums so aufgeregt sein konnte. Aber noch ist „heute“ und nicht „in einem halben Jahr“. Marie (nicht Maria) ist übrigens mindestens genauso aufgeregt, sagt sie. Es wird allerdings auch Zeit, dass es endlich losgeht. Ich hoffe, dass ich das alles irgendwie schaffe. Da ich ja zur Zeit kein… Weiterlesen »Wieder geritten

Paranoide Behinderte

Wer glaubt, ich hätte irgendwann alles erzählt und alles erlebt, zieht den Sinn und die Zukunft meines Internetblogs, meines Online-Tagebuchs, in Zweifel. Gerade wenn ich in alten Beiträgen blättere (vorhin habe ich einen gesucht), freue ich mich plötzlich über Details, die ich zwischenzeitlich schon wieder vergessen oder gar verdrängt hatte. Gestern wollte ich mit Marie (nicht Maria) zur Uni. Ab April beginnen regulär unsere Vorlesungen, wir sind beide schon extrem aufgeregt. Vorher ist noch etlicher Papierkram zu erledigen, für den wir auch noch persönlich in die Verwaltung eiern müssen, einiges davon hängt mit unseren Behinderungen zusammen. Aber: Wir sind zum… Weiterlesen »Paranoide Behinderte