Studium

Vollmond

Es sind die Nächte rund um den Vollmond, an denen üblicherweise die meisten skurrilen Menschen unterwegs sind. Ich beneide keine Kollegin und keinen Kollegen um seinen Nachtdienst (den ich im Moment zum Glück nicht machen muss), denn die denken im Moment jede Nacht, es ginge nicht mehr schlimmer – bevor der Nächste völlig frei dreht. Dabei muss es gar nicht der Mann im Nachthemd sein, der vom Kirchturm fällt: In der vorletzten Nacht kam einer nackt mit einem Straßenbesen in der Hand durch die Tür zur Notaufnahme, unterhielt sich zuerst mit einem Feuerlöscher, später tanzte er mit seinem Besen und… Weiterlesen »Vollmond

Blutende Glatzen, kotzende Segler

Wie ich sehe, kommen die Anekdoten sehr gut an. Ich habe noch ein paar frische aus der chirurgischen Notaufnahme, in der ich derzeit mein zweites Drittel meines Praktischen Jahrs verrichte. Ich bin im Moment gefühlt für alles zuständig, was nicht lebensbedrohlich ist. Nicht als einzige, aber inzwischen wohl erstmal alleine. Vor jeder Diagnose, Therapie und Entlassung muss ich zumindest mit der Akte einmal zu einer approbierten Kollegin oder einem approbierten Kollegen und mir ein Okay holen – sofern ich nicht sowieso Fragen habe oder mir unsicher bin. Übung macht die Meisterin. Hat mal jemand gesagt. Ich lerne also sehr viel.… Weiterlesen »Blutende Glatzen, kotzende Segler

Lena

Ich habe auch das letzte Wochenende wieder mit Marie und ihrer Familie verbracht. Es war, wie immer, sehr schön. Die Sonne hatte sich angekündigt, entsprechend waren wir alle Vier über die freien Tage an der Ostsee. Maries Eltern leisten sich dort nach wie vor ein Wochenendhaus. Wir haben gegrillt, wir waren im Meer schwimmen, haben sogar eine Zeitlang am Strand gelegen – besser hätte ich mich nicht entspannen können. Wir haben unter anderem noch einmal sehr ausführlich über meinen Blog und das Drama, das sich vor etwa zwei Jahren daraus entwickelt hat, gesprochen. Ob es nicht einfacher wäre, das Ding… Weiterlesen »Lena

Darum

Ob wir eines Tages noch erfahren, warum sie nicht mehr schreibt? Tja, wie soll ich es nun erklären? Ich habe im Knast gesessen. Sitzen weil … stehen kann ich ja bekanntlich nicht. Und immer nur liegen? Uncool. Dreiundzwanzig lange Monate kein Internet! Man verhaftete mich wegen meines Blogs. Einige Beiträge waren einfach zu schlecht, stilistisch und inhaltlich flach. Okay. Ganz so war es nicht. Ich durfte mir neulich im Rahmen meines Studiums eine Justizvollzugsanstalt von innen ansehen. Es gab in der dortigen „Röchel-Abteilung“, wie man den Trakt für die älteren und kranken Gefangenen nannte, sogar rollator- und rollstuhlgerechte Zellen. Ich… Weiterlesen »Darum

Distanz macht einsam

Ich amüsiere mich gerade über eine Kommilitonin. Sie gehört zu jenen Menschen, die nur schwer andere Meinungen akzeptieren können. Und die leider auch ständig andere Meinungen haben. Nämlich im Zweifel die des Gegenüber. Soll heißen: Sie redet ihren „Freunden“ nach dem Mund oder trifft sich nur mit jenen, die absolut ihrer Meinung sind. Wir haben uns anfangs mal ganz gut verstanden. Bis die Diskussion auf das Thema „Tatoos“ kam. Ich bin absolut dagegen, meinen Körper bemalen zu lassen. Weder dezent noch als Litfaßsäule. Ich akzeptiere es aber, wenn andere Menschen mit ihrem Körper etwas anderes machen. Jene Kommilitonin sah das… Weiterlesen »Distanz macht einsam

Wer nicht wagt

Ich habe mich entschieden. Für eine Dissertation. Nicht aus der Überzeugung heraus, dass ich das gerne machen möchte. Sondern weil es nützlich sein kann und es keinen günstigeren Zeitpunkt und keine bessere Chance dafür gibt. Ich bin nicht glücklich damit, Entscheidungen aus dem Kopf heraus zu treffen, wenn mein Bauch gerne etwas anderes möchte. Aber die Karriereleiter steht im Kopf und nicht im Bauch. Auch Marie hat sich entschieden. Ob das alles klappt, wissen wir nicht. Aber es hat einen positiven Nebeneffekt. Wir kommen wieder weiter in den Norden. Und es gibt nichts besseres als die erneute Empfehlung eines Profs… Weiterlesen »Wer nicht wagt

Kleine Welt

Da stehe ich mit meinem Einkauf auf dem Schoß im Aufzug zum Parkdeck, als mein Blick auf ein junges Mädchen, geschätzt zehn Jahre alt, fällt. Unter ihrem Top blitzt eine Dosierpumpe hervor. Insulin? Schmerzmittel? Die Mutter hat gesehen, dass mein Blick kurz an ihrer Tochter kleben blieb. Sie guckt mich an. „Haben wir Sie nicht letzte Woche in der Klinik gesehen?“, fragt sie mich plötzlich. So klein ist die Welt. „Kann schon sein“, antworte ich. Sie sagt: „Sie sind relativ zügig über den Flur gerollt und meine Tochter war so fasziniert davon, wie Sie die defekte Automatiktür mit der Hand… Weiterlesen »Kleine Welt

Urlaubsreif

Die Dritte Woche meiner Famulatur beginnt. Und meine Chefin möchte wissen, ob ich über das Thema „Dissertation“ nachgedacht habe. Mehr als genug. Mein Kopf sagt was anderes als mein Bauch. Und das ist erfahrungsgemäß nie gut. Ich muss mich zügig entscheiden. Das neue Semester beginnt. Auch Marie hat übrigens Blut geleckt. Sie liebäugelt mit einem Krebs-Thema. Es ist so schwierig. Es ist später wesentlich einfacher, wenn man sagen kann, man hätte sich mehr oder weniger bewusst dagegen entschieden, als wenn man sagen muss, dass man es versucht, aber aus Gründen schlechter Organisation oder zu geringer Kapazitäten verkackt hat. Insofern hinterlässt… Weiterlesen »Urlaubsreif

Bleibende Eindrücke

Meine erste Woche auf der Kinder-Diabetesstation ist vorbei. Was habe ich bisher gelernt? Menschen funktionieren analog und nicht digital. Meinte eine Diplom-Ötzi, wie die Ernährungswissenschaftlerin der Klinik (mal wieder) liebevoll von ihren Patienten genannt wird. Sie wollte damit in einem Diätseminar, das ich mir interessehalber freiwillig reingezogen habe, die Frage beantworten, warum zwei gleich schwere und gleich große Kinder völlig unterschiedliche Mengen Insulin brauchen, um dem Energiegehalt einer Colaflasche zu begegnen. Und warum bei einigen Menschen der Blutzucker bei Aufregung steigt, bei anderen sinkt. Wenn man schon versucht, den Vergleich eines analog bespielten Magnetbandes mit einer mit digitalem Zahlensalat beschriebenen… Weiterlesen »Bleibende Eindrücke

Konspirative Kollegen

Mit dem Krankenhaus, in dem ich aktuell ein Teil meines Pflichtpraktikums (Famulatur) ableiste, habe ich endlich mal eine Einrichtung erwischt, in der es kollegial und menschlich zugeht, und das auch beim Personal. Der Umgangston ist höflich, es wird sich gegenseitig respektiert, es gibt keine blöden Kommentare und kein gegenseitiges Veralbern, kein schlechtes Reden über Dritte – ich fühle mich gerade sehr wohl. Meine viermonatige Famulatur, die ich in vier Teilen zu jeweils einem Monat ableiste, hatte mich ja in den letzten Semesterferien in eine Kinderarztpraxis geführt, nun, nach einem kleinen Umweg, in die Gastroenterologie eines großen Krankenhauses. Mit Magen-Darm-Erkrankungen konnte… Weiterlesen »Konspirative Kollegen