Studium

Unpassende Diagnosen

Nachdem ich gestern noch bei meinem Praktikumsplatz angerufen habe, bin ich heute morgen mit Öffis direkt hingefahren und habe mich vorgestellt. Zum Glück hat alles geklappt und ich darf im nächsten Semester in der Inneren Medizin ganz viel Dünnpfiff lernen. Über Dünnpfiff, meinte ich. Und darüber, warum die Behandlung einzelner Krankheiten nicht so klappt, wie sie eigentlich klappen müsste. Aktuell hat mich eine Professorin heiß gemacht für ihren Forschungsansatz im Bereich der Soziologie. Ich möchte nicht zu viel darüber verlieren, nur, dass es darum geht, herauszufinden, warum es Patienten gibt, die von Arzt zu Arzt rennen, bevor mal jemand eine… Weiterlesen »Unpassende Diagnosen

Einen an der Waffel

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das gilt an meiner momentanen Uni mehr als anderswo. Soll heißen: Wer nicht am ersten Vorlesungstag persönlich zur rechten Zeit am rechten Ort ist, ärgert sich mitunter ein halbes Jahr über langweilige oder stressige oder nervige Praktikumsplätze, bekommt seine Kurse nicht oder nicht bei seinen Lieblingsprofs oder so ähnlich. Man ist ja verwöhnt. Oder benötigt auch mal etwas barrierefreies. Entsprechend waren Marie und ich mehr als pünktlich aufgestanden und standen mehr als früh genug vor der richtigen Tür. Weil ich wusste, dass ich gleich anschließend in ein Lehrkrankenhaus müsste, um mich dort persönlich vorzustellen,… Weiterlesen »Einen an der Waffel

Osterfeuer und Mond

  Nein, es war übrigens nicht das Erste Mal. Mit Philipp schon, aber sonst nicht. Aufmerksame Blogleser wissen das auch. Und das nächste Mal wird sicherlich und hoffentlich nicht ganz so lange auf sich warten lassen. Philipp wollte mit zu Maries Eltern, Maries Eltern waren sehr locker drauf. Ihr Papa meinte zu mir: „Netter junger Kerl. Du hast Geschmack.“ – Und die Mama fand, ich hätte eine „gute Wahl getroffen“. Das Mittagessen war sehr lecker, anschließend haben wir uns gut unterhalten. Zum Abend machten die Eltern in einer Feuerschale ein kleines Osterfeuer. Einige befreundete Leute kamen, es wurde Gitarre gespielt… Weiterlesen »Osterfeuer und Mond

Schnell vorbei

So schnell können vier Wochen vorbei sein. Ich kann nun stolz über mich verkünden: Selbst wenn mich jemand nachts um halb drei aus dem Tiefschlaf weckt, kann ich ihm innerhalb von acht Sekunden die fünf häufigsten Krankheiten im Kindes- und Jugendalter in Hamburg im ersten Quartal 2015 in korrekter Reihenfolge vorwärts und rückwärts wahlweise auf Deutsch oder Latein aufsagen. In den nächsten zwei Minuten bekomme ich dann auch noch die jeweilige aktuell gängige Therapie mit Rücksicht auf die Rahmenverträge der einzelnen Krankenkassen sowie die wichtigsten Richtlinien der standardisierten Patientendokumentation und die häufigsten Gebührenziffern heruntergebrabbelt – und sollte danach noch jemand… Weiterlesen »Schnell vorbei

Noch eine Woche

Fiebrige Kleinkinder kann ich inzwischen nicht mehr sehen. Ich wundere mich, dass ich noch nicht krank bin. Ich rechne fest damit, dass es mich noch erwischt. Vermutlich dann, wenn die stressigen vier Wochen vorbei sind. Ich habe keinen Vergleich, aber meine Chefin sagt, dieses Jahr sei es besonders schlimm. Wir schleusen am Tag zwischen 70 und 100 Patienten durch (an einem Spitzentag waren es 118, normal sind zwischen 35 und 50) und 80% davon sind erkältet, 15% haben Magen-Darm und zwei, drei haben was anderes. Was anderes kann zum Beispiel sein, dass ein zwölfjähriger Junge wissen möchte, ob er Hodenkrebs… Weiterlesen »Noch eine Woche

Hamster in der Dose

Dass Menschen zum Arzt gehen, weil sie sonst niemanden haben, mit dem sie ihre Sorgen und Probleme besprechen können, ist kein Geheimnis. Das soll es auch nicht sein, im Gegenteil. Trotz aller Scham und allem Streben nach Perfektion setzt sich in der Gesellschaft allmählich zunehmend die Erkenntnis durch, dass nicht alle Menschen gesund sind und dass es nicht nur körperliche Erkrankungen gibt. Wobei ich eine einfache, einmalige Ratlosigkeit nicht gleich als psychische Erkrankung ansehen würde. Dennoch gibt es viele Menschen, die alleine zu grübeln beginnen – über Fragen, von denen sie wissen, dass sie sie alleine nicht beantworten können und… Weiterlesen »Hamster in der Dose

Uschi und ein Luchs

Eine weitere Woche meiner Famulatur ist geschafft. Es macht sehr großen Spaß, allerdings bin ich auch froh, wenn es vorbei ist. Die körperliche und vor allem die seelische Belastung ist wirklich nicht zu unterschätzen. Mit meiner Chefin komme ich ganz gut klar, mit den übrigen Mitarbeiterinnen überwiegend auch. Überwiegend heißt: In der Praxis sind sechs Mitarbeiterinnen hauptsächlich in Teilzeit beschäftigt. Eine Minijobberin, Uschi, kurz vor der Rente, arbeitet nur an einem Nachmittag. Mit ihr bin ich am letzten Montag, unserem ersten gemeinsamen Tag, richtig heftig aneinander geraten. Bei dutzenden Patienten klappte alles irgendwie. Die Routine fehlt mir, ich muss ständig… Weiterlesen »Uschi und ein Luchs

Drogen und Theophyllin

Am zweiten Tag meiner Famulatur in der Kinderarzt-Praxis sollte ich ein Sprechzimmer übernehmen, meine Chefin das andere. Und bei jedem Patienten am Ende die Therapie einmal mit ihr abstimmen. Gleich als erstes kam ein Mädchen zu mir, gerade 13 Jahre alt. Zerrissene Jeans, Wollpulli, Lederjacke über dem Arm. Blonde Haare akkurat geflochten. Blasse Gesichtsfarbe, dünne Arme und Beine, im Gesicht sah sie aus wie ein zerbrechliches Porzellanpüppchen. Sie wirkte einerseits sehr schüchtern, andererseits begrüßte sie mich gleich mit einem „Moinsen“. Ich musste grinsen. Ich sagte ihr, was ich jedem sagen muss, nämlich dass ich Famula(ntin), also quasi Praktikantin bin. „Cool“,… Weiterlesen »Drogen und Theophyllin

Grippale Infekte und zwei Impfungen

Ich glaube, ich habe noch nie so viel gelernt innerhalb so kurzer Zeit wie in den letzten Tagen. Die Praxis von Maries Mama ist ja schon immer sehr unterhaltsam und interessant, aber eine Kinderarztpraxis, in der ich gerade den ersten Teil meiner Famulatur ableiste, stellt alles in den Schatten. Sehr eindrucksvoll, sehr herausfordernd, teilweise sehr emotional. Und Kinder sind ja sowieso nochmal völlig anders als Erwachsene. Eben nicht nur kleiner. Am ersten Morgen sollte ich mich gleich hinter den Empfangstresen setzen und die Praxis kennenlernen. Das war keine große Herausforderung, das ist bei Maries Mutter deutlich anspruchsvoller. Nach zwei Stunden… Weiterlesen »Grippale Infekte und zwei Impfungen

Famulatur und Suizid

Das Wintersemester neigt sich dem Ende zu. Noch bis zum Ende des Monats raucht mein Kopf, dann kann ich das Tempo für rund zehn Wochen ein wenig drosseln. Insgesamt bin ich gut im Rennen. Im nächsten und übernächsten Monat werde ich vier Wochen lang in einer Kinderarztpraxis den ersten Teil meiner Famulatur ableisten. Ich freue mich schon riesig, obwohl es sicherlich ein hartes Stück Brot wird, das ich da zu kauen habe. Die erste Erkältung seit vielen Monaten habe ich schon fest eingeplant. Und täglich morgens ganz früh mein warmes, kuscheliges Bett verlassen zu müssen, um abends völlig erschöpft wieder… Weiterlesen »Famulatur und Suizid