Allgemein

Fridolin

Bis heute scheint es keine Probleme damit zu geben, dass Helena ihren Schulweg mit dem Rollstuhl zurĂĽcklegt. Auf meine Frage, ob ich sie am Montag bis zur Schule begleiten soll, antwortete sie: „Nee, was sollen denn die anderen Leute von mir denken? Dass ich den Schulweg nicht alleine finde?“ Als sie mittags nach Hause kam, war sie fröhlich. „Er hat ĂĽbrigens seit heute einen Namen: Fridolin Bumblebee.“ – Ich musste laut lachen. Ich bin immer wieder fasziniert von ihrer Fantasie. Sie gackerte mit und sagte: „Etwas ernsthafter bitte, ja? Er kann nichts dafĂĽr.“ – „FĂĽr seinen Namen?“ – „Ja.“ –… Weiterlesen »Fridolin

Mehraufwandszuschlag

Ich bin auch vor meinem Unfall immer mal zu Frau Sör gegangen. Ja, ich weiĂź, „Frau Sör“ ist flach, aber den Spruch habe ich von einem Kumpel, der an dieser Stelle immer wissen möchte, ob es eine „Frau Sör“ oder ein „Herr Sör“ war. Ohne weiteren Hintergrund, einfach des Wortspiels wegen. Er drĂĽckt sich damit und mit der erstmal erzeugten Verwirrung darum, so meine Vermutung, ĂĽber eine neue Frisur Ge- oder Missfallen äuĂźern zu mĂĽssen. Frau ist ja meistens und dann gerne begeistert, wenn Mann erkennt, dass einem am Kopf was fehlt. Und entzĂĽckt, wenn etwas Gewagtes einer wichtigen Person… Weiterlesen »Mehraufwandszuschlag

Hokuspokus

Ich war heute nach Feierabend noch einmal im Schwimmbad. Helena war mit eine Freundin verabredet, Marie hilft heute ihrer Mutter bei einer Jahresabrechnung und ich hatte nochmal Lust auf den Blindfisch. Normalerweise glaube ich nicht an Hokuspokus. Aber manchmal habe ich das GefĂĽhl, als gäbe es eine gewisse Paranormalität. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass die Frau bereits fertig ist mit Schwimmen und im nassen Badeanzug, in ein Handtuch eingewickelt, auf einer gefliesten Bank sitzt und … auf mich wartet? WĂĽrde sie sehen können, wĂĽrde ich sagen, sie starrt Löcher in die Luft. Ich rolle zu ihr und… Weiterlesen »Hokuspokus

Infekt und Mobilität

Ich wollte gerade schon schreiben, dass nichts AuĂźergewöhnliches passiert ist, da sitze ich im Dienstzimmer, schreibe noch meinen letzten Bericht fertig, habe eigentlich schon Feierabend und alles an meine Nachtdienst-Kollegin ĂĽbergeben und sehe plötzlich einen Kopf um die Ecke des hölzernen TĂĽrrahmens schauen. „Frau Socke? Könnten Sie sich noch um eine ambulante Patientin kĂĽmmern?“ – „Kann das nicht die Kollegin machen? Ich bin jetzt seit 12 Stunden hier und habe eigentlich Feierabend.“ – „Theoretisch schon, sie hat auch gerade nicht viel zu tun, aber wenn ich Ihnen morgen davon erzähle, wĂĽrden Sie mich anmeckern, wenn ich Ihnen die Dame vorenthalten… Weiterlesen »Infekt und Mobilität

Schöne Aussicht

Vor einigen Tagen habe ich mich, seit langer Zeit mal wieder, mit einer Freundin getroffen. Wir sprachen ĂĽber alles mögliche, unter anderem aber ĂĽber das Thema „Wohnen“ als Mensch im Rollstuhl. Aus GrĂĽnden. Seit Jahren gelten in fast allen Bundesländern mehr oder weniger engagierte Bauvorschriften, die die Barrierefreiheit von Mietwohnungen regeln sollen. In den meisten Fällen wird unterschieden zwischen rollstuhlgerechten Wohnungen, die fast ĂĽberall nur im öffentlich geförderten Wohnungsbau errichtet werden mĂĽssen, und barrierefrei erreichbaren Wohnungen, die inzwischen in fast allen Bundesländern nach einem bestimmten SchlĂĽssel in allen Neubauten, ob öffentlich gefördert oder nicht, vorhanden sein mĂĽssen. Besagte Freundin ist… Weiterlesen »Schöne Aussicht

Glückskäfer

Ich bin ja noch eine Auflösung schuldig. Nein, ich löse mich nicht selbst auf, sondern die „PrĂĽfungsfragen“, die ich vor einer Woche in den Raum gestellt habe. Ich muss ja erwähnen, dass ich hier keine Rechtsberatung mache und die „Auflösung“ nur meine persönliche Meinung ist, die keinen Anspruch auf Richtigkeit hat. Aber so habe ich es gelöst: Zu 1) Das kommt ja immer auf den Umfang und das mit der Behandlung verbundene Risiko einerseits, auf die Einwilligungsfähigkeit des Patienten andererseits an. Wenn der Eingriff so schwerwiegend ist, dass selbst bei Erwachsenen regelmäßig ein schriftliches Einverständnis eingeholt wird (Narkose, Operation etc.),… Weiterlesen »GlĂĽckskäfer

Tina

Endlich mal wieder ein Vormittag, an dem ich nicht arbeiten muss. Marie hat ein Vorstellungsgespräch und ist unterwegs. Helena ist in der Schule. Sturmfreie Bude! Wow, was ich so alles tun könnte. Ich könnte splitterfasernackt zu viel zu lauter Musik durchs ganze Haus tanzen. Ich könnte mich im Latex-Outfit auf dem KĂĽchentisch räkeln, das per Webcam ins weltweite Netz ĂĽbertragen und dabei fĂĽnfhundert Euro verdienen. Ich könnte mir spontan Lukas nach Hause einladen, der ĂĽbrigens ganz offensichtlich immer noch was von mir will, aber immer noch keinen Schritt weiter ist, und mal ĂĽberprĂĽfen, wie sportlich er ist. Irgendwann entfĂĽhre ich… Weiterlesen »Tina

Heini, Bärbel, Aschenbrödel

Bei kaltem Wetter wird mehr gekuschelt. Deswegen werden ja auch in den Monaten Juli, August und September in Deutschland die meisten Kinder geboren. Einen kleinen Kick gibt es nochmal mit den ersten FrĂĽhlingsgefĂĽhlen, aber ansonsten ist die stimmungsvolle Zeit vor Weihnachten und kurz danach diejenige, in der die meisten Kinder gezeugt werden. Das bedeutet auch: Jemanden, der aus eher peinlichen GrĂĽnden die Notaufnahme aufsucht, wird man am ehesten in dieser Zeit dort antreffen. Nun arbeite ich derzeit nicht in der Notaufnahme und bin damit schon gar nicht fĂĽr gynäkologische oder urologische Notfälle zuständig. Worum ich, ehrlich gesagt, auch nicht traurig… Weiterlesen »Heini, Bärbel, Aschenbrödel

Der 60. Geburtstag meiner Mutter

Genau 10 Jahre ist es heute her, dass ich mit dem Bloggen begonnen habe. 10 Jahre! Eine lange Zeit. Damals war ich 16 Jahre alt, lag in einem Krankenhaus und war ziemlich ĂĽbel zugerichtet. Ich wurde auf dem Schulweg von einem Auto geknutscht und bin geflogen. Zuerst ĂĽber den Asphalt, dann mit einem Heli – und ein paar Wochen später zum ersten Mal aus dem Rollstuhl, weil sein Vorderrad sich im Schnee verhedderte. Damals hatte ich Stress mit meiner Muddi. Sie konnte nicht begreifen, dass ich nicht lange aus dem Krankenhaus durfte, auch nicht, wenn sie ihren 50. Geburtstag feiert… Weiterlesen »Der 60. Geburtstag meiner Mutter

Antibiotika nix gut

Die ersten Festtage haben wir alle gut ĂĽberstanden. Ich musste am 1. Weihnachtstag arbeiten und hatte entgegen meiner Erwartungen eine eher ruhige Schicht. Ich musste mich zusammen mit einer rund 60 Jahre alten Kinderärztin, die nur aushilfsweise eingesetzt war und normalerweise in einer Behörde arbeitet, um vier periphere Kinder- und Jugendstationen kĂĽmmern sowie um alle ambulanten Patienten unter 18 Jahren, die keiner sofortigen Notfallbehandlung bedĂĽrfen. Als einziges kleines Drama kam gleich am frĂĽhesten Morgen ein 2 Jahre altes Kind auf dem Arm des Vaters zur Station. Der Vater verstand nur einzelne Worte, die Mutter auch nicht viel mehr. Zum GlĂĽck… Weiterlesen »Antibiotika nix gut