Behinderung

Rollstuhlfahrer essen drauĂźen

Im Jahr 2015 dĂĽrfen öffentliche Einrichtungen nur noch barrierefrei gebaut werden. Oder zumindest nach einer entsprechenden Vorschrift, die weitestgehende Zugänglichkeit fĂĽr Menschen mit Beeinträchtigungen sicherstellt. Wesentliche Bestimmungen gelten zum Beispiel fĂĽr die Gastronomie. So wäre es in der Regel unzulässig, eine bereits barrierefreie Gaststätte nun so umzubauen, dass kĂĽnftig eine Stufe vor dem Eingang ist und im Rollstuhl fahrende Menschen ab sofort drauĂźen bleiben mĂĽssen. Eigentlich. Im Hamburger Hauptbahnhof gibt es eine Fressmeile mit verschiedenen gastronomischen Einzelbetrieben. Viel fettiges Junkfood, aber als Kompromiss gibt es durchaus die eine oder andere essbare Kleinigkeit. Insbesondere dann, wenn selbst zu kochen oder langes… Weiterlesen »Rollstuhlfahrer essen drauĂźen

Sina II

Wir hatten uns mit Maries Mutter eine Stunde vor der regulären Sprechzeit verabredet, damit sie Sina kennenlernen kann und genug Zeit fĂĽr sie haben wĂĽrde. Während Maries Mutter sich mit ihr in ein Sprechzimmer zurĂĽckzog, bekamen Marie und ich ein zweites FrĂĽhstĂĽck – zusammen mit Maries Papa, der heute später zum Dienst musste. Einerseits tat es mir ja leid, dass wir nun ihr gemeinsames FrĂĽhstĂĽck störten, andererseits hatte Maries Mutter ausdrĂĽcklich darum gebeten, mit Sina eine Stunde eher zu kommen. Und so, wie es aussah, waren die beiden auch schon so gut wie fertig. Mit dem FrĂĽhstĂĽcken. Sina bekam einen… Weiterlesen »Sina II

Sina

Sina fiel beim Fensterputzen aus dem zweiten Stock und ist seitdem querschnittgelähmt. Ich hatte seit ihrem Unfall vor zwei Jahren mehrmals Kontakt zu ihr. Immer mal wieder fĂĽr ein paar Stunden. Kennengelernt habe ich sie beim Warten auf eine Kontrolluntersuchung. Wir saĂźen zusammen im Wartezimmer, kamen ins Gespräch, tauschten Nummern aus, trafen uns zum Quatschen. Immer fĂĽr ein bis zwei Stunden, mehr nicht. In den letzten neun Monaten vielleicht insgesamt drei Mal. Gestern abend klingelte gegen halb neun mein Handy. Ich guckte drauf und sah ihre Nummer. Eigentlich hatte ich nach mehreren Kilometern Schwimmtraining gar keinen Bock mehr, jetzt noch… Weiterlesen »Sina

Aus der Wand

In unserem Schwimmbad, das Marie und ich immer mal wieder privat nutzen, ist seit Wochen das Behinderten-WC defekt. Die TĂĽr ist abgeschlossen. Leider befindet sich in demselben Raum auch die Dusche, so dass alle die, die keine Stufen ĂĽberwinden können, nun ungeduscht und mit voller Blase ins Becken mĂĽssen, sofern sie nicht verzichten wollen. Regelmäßig frage ich an der Kasse nach, ob die Sanitärräume wieder geöffnet sind, regelmäßig höre ich: „Ja, waren die gesperrt?“ und regelmäßig sehe ich dann, wenn ich vor dem Raum stehe, ein Schild, das mich auf die weitere Sperrung hinweist. Und jedes Mal sage ich beim… Weiterlesen »Aus der Wand

An der Nudel

Es ist der dreiundzwanzigste August und ich bin vor etwa dreimalzwanzig Stunden dreiundzwanzig Jahre alt geworden. DrauĂźen waren dreiundzwanzig Grad, zumindest am Meer, das nicht mehr ganz dreiundzwanzig Grad hatte. Eher neunzehn. Ja, wir waren am Strand, dreiundzwanzig weniger neunzehn Leute, also eine eher kleine Runde, bestehend aus Marie, einem Freund, einer Freundin, die zusammen sind und sich in meinem Blog keine Kosenamen wĂĽnschen, und mir. Geflohen sind wir. FĂĽr ein ruhiges und entspanntes Wochenende zum Erholen. Maries Eltern haben uns ihr Wochenendhaus ĂĽberlassen. Einzige Bedingung war, dass wir am Ende einmal grob saubermachen und den MĂĽll rausbringen. Das sollte… Weiterlesen »An der Nudel

Träumen

Dass Menschen im Schlaf träumen, ist bekannt. Sehr intensiv träumen die meisten Menschen in einer Tiefschlafphase. Manche Menschen erinnern sich nach dem Aufwachen nicht mehr an das Träumen und vermuten dann, im letzten Schlaf nicht (oder ĂĽberhaupt niemals) geträumt zu haben. Auch fast alle Säugetiere (mit Ausnahme von Delfinen) träumen, ebenso Vögel und sogar einige Reptilien. Man hat sie natĂĽrlich nicht gefragt, aber wissenschaftliche Untersuchungen legen den Schluss nahe. Beim Delfin ist man sich nicht sicher, weil er keine Schlafphase erreicht, in der typischerweise geträumt wird. Als eine „von der Psyche gesteuerte halluzinatorische Aktivität des Gehirns mit intensivem Bild- und… Weiterlesen »Träumen

Kleine Welt

Da stehe ich mit meinem Einkauf auf dem SchoĂź im Aufzug zum Parkdeck, als mein Blick auf ein junges Mädchen, geschätzt zehn Jahre alt, fällt. Unter ihrem Top blitzt eine Dosierpumpe hervor. Insulin? Schmerzmittel? Die Mutter hat gesehen, dass mein Blick kurz an ihrer Tochter kleben blieb. Sie guckt mich an. „Haben wir Sie nicht letzte Woche in der Klinik gesehen?“, fragt sie mich plötzlich. So klein ist die Welt. „Kann schon sein“, antworte ich. Sie sagt: „Sie sind relativ zĂĽgig ĂĽber den Flur gerollt und meine Tochter war so fasziniert davon, wie Sie die defekte AutomatiktĂĽr mit der Hand… Weiterlesen »Kleine Welt

Triathlon 2015

Die Saison ist schon fast wieder vorbei. Und das zeitweise schwĂĽle Wetter ist auch nicht unbedingt das beste fĂĽr einen Triathlon. Hinzu kommt mein relativ schlechter Trainingszustand. Ich habe mich zwar immer sportlich betätigt, sobald ich die Möglichkeit dazu hatte, muss aber sagen, dass ich gerne mehr Möglichkeiten gehabt hätte. Durch mein Studium bin ich allerdings stark eingeschränkt. Schlechter Trainingszustand heiĂźt nicht, dass ich nicht mehr in meine Sportklamotten passe oder der Rennrolli beim Hineinsetzen ächzt. Sondern dass es ein Unterschied ist, ob man drei Mal pro Woche zehn bis zwanzig Kilometer abreiĂźt und mindestens zweimal schwimmt, oder einmal pro… Weiterlesen »Triathlon 2015

Begegnungen

Ich fahre heute auf dem Gehweg neben einer viel befahrenen StraĂźe. Rechts neben mir ist der Radweg, ich fahre sozusagen links, gegen die Fahrtrichtung. Während das fĂĽr Fahrradfahrer auf Radwegen ja nur erlaubt ist, wenn ein entsprechendes Verkehrsschild das gestattet, ist es fĂĽr zu FuĂź Gehende und im Rollstuhl Fahrende ja schnierzpupsegal, auf welcher StraĂźenseite sie gehen oder rollen. Ich muss eine kreuzende Fahrbahn ĂĽberqueren. Der Gehweg ist an dieser StraĂźenecke nicht abgesenkt, wohl aber der Radweg neben mir. Von vorne kommt kein Radfahrer, ich drehe mich um, und schaue, ob von hinten einer gegen die Fahrtrichtung kommt. Ebenfalls Fehlanzeige.… Weiterlesen »Begegnungen

Klogespräche

Ich bilde mir nicht ein, ein Kind erziehen zu können. Vor allem kein fremdes Kind. Daher halte ich mich mit Kritik an den Erziehungsmethoden anderer Menschen lieber zurĂĽck. Lächeln und KopfschĂĽtteln sollte aber erlaubt sein. So erging es mir heute. Ich war mit Marie auf dem Klo. Ja, Mädchen gehen ja immer zu zweit dorthin. Es war eine öffentliche Anlage, Marie brauchte jemanden, der ihr Spiegel und Licht beim Kathetern hält, um sich in dem eher ekligen Raum nicht komplett die Hose und die Schuhe ausziehen zu mĂĽssen. Zum GlĂĽck stank es dort nicht und es waren keine groben Verschmutzungen… Weiterlesen »Klogespräche