Rollstuhl

Verborgene Stärke

Ob es Spaghetti werden würden, hatte Philipp bis zuletzt offen gelassen. Maries Eifersucht hielt sich zum Glück sehr in Grenzen. Sie muss auch nicht sein, denn ich bin nicht diejenige, die für eine Beziehung alle Freundschaften aufgibt oder vernachlässigt. „Falls da irgendwo ein geschlechtsreifer Bruder rumläuft, der ebenfalls Single ist, schick ihn bitte umverzüglich zu mir“, meinte sie. So stand ich nach einem langen Arbeitstag frisch geduscht und hungrig vor einer Einfamilienhaushälfte im Hamburger Umland und kam immerhin von der Straße bis kurz vor die Haustür. Drei Stufen davor, die Klingel wäre vielleicht mit einem langen Besenstiel zu erreichen. Aber… Weiterlesen »Verborgene Stärke

Schnee und Wind

„Habt ihr es warm? Habt ihr genug zu essen? Sind die neuen Nachbarn nett? Habt ihr euch schon eingelebt? Ist es nachts auch nicht zu laut?“ – Maries Oma konnte gar nicht schnell genug fragen. Marie antwortete: „Die Heizung funktioniert, zu essen haben wir zum Glück auch genug. Bisher sind die neuen Nachbarn nett, eingelebt haben wir uns noch nicht wirklich, aber das kommt noch – und nachts ist es so ruhig, dass man die Flöhe husten hört.“ – „Dann bin ich beruhigt und muss mir keine Sorgen machen.“ Muss sie nicht. Aktuell sind Semesterferien, aktuell sind wir im Norden,… Weiterlesen »Schnee und Wind

Weil sie nicht im Rollstuhl sitzen

„Wo bleibt dein Humor?“, war eine anlässlich meines letzten Postings mehr als einmal gestellte Frage. Weil ich über den blöden Witz mit dem Schuhband nicht lachen konnte. Und weil ich es befremdlich fand, von wildfremden Menschen auf meine Unterwäsche angesprochen zu werden. Nun, ich möchte mich nicht rechtfertigen, warum ich manchmal nicht (mehr) den Humor habe, der solche Situationen geschmeidiger auflösen würde. Aber wenn solche Fragen gestellt werden, möchte ich es gerne erklären. Und ganz am Ende mal einen Versuch starten. Ich lache sehr gerne. Über mich, über meine eigene Dusseligkeit, über meine Missgeschicke, über Situationskomik, über Witze, über Dinge,… Weiterlesen »Weil sie nicht im Rollstuhl sitzen

Stubbe in Rente

Nun ist Stubbe also in Rente. Nach 20 Jahren spielte seine fünfzigste und letzte Folge im Rollstuhlbasketball-Milieu und wurde in Hamburg gedreht. Ich habe sie gestern zum ersten Mal sehen können und ich fand sie insgesamt sehr gelungen. Wer sie in der Mediathek schnell noch ansehen will, sollte sich diesen Beitrag nicht durchlesen, denn sonst geht die Spannung verloren. Apropos: Blickt man auf den Spannungsbogen und auf die kriminalistische Handlung, fand ich die Folge eher durchschnittlich. Es kamen von vornherein etwa vier Tatverdächtige plus der große Unbekannte in Frage, wenn man gleich davon ausgeht, dass die Laienschauspieler keine Hauptrolle übernehmen… Weiterlesen »Stubbe in Rente

Buckelnder Amtsschimmel

Cathleen braucht einen neuen Rollstuhl. Das kommt bei Menschen im Rollstuhl hin und wieder vor. Bei jungen Menschen häufiger, wenn sie nämlich rauswachsen, bei älteren Menschen nicht mehr so häufig. Der, den Cathleen fährt, ist fünf Jahre alt. Als sie ihn bekommen hatte, war sie Jugendliche, gerade ausgewachsen. Inzwischen müsste er für mehrere tausend Euro repariert werden, die teuersten Punkte wären eine neue Sitzbespannung (die alte ist eingerissen und löst sich auf) und ein Rahmen (der alte ist weich und verzieht sich immer mehr, knarzt und knackt bei jeder Bewegung). Die Räder müssten auch neu eingespeicht werden, verschiedene Lager sind… Weiterlesen »Buckelnder Amtsschimmel

Doch keine behinderten Parkplätze

Manchmal kann, manchmal muss es auch recht schnell gehen. Laut Geschäftsordnung der Hamburger Bürgerschaft muss eine so genannte „Kleine Anfrage“, also eine auf wenige Punkte begrenzte Fragestellung eines Parlamentsabgeordneten an die ausführende Behörde, innerhalb von 8 Tagen beantwortet werden. Und entsprechend schnell konnte auch die Frage geklärt werden, warum es in Hamburg nicht möglich sein soll, bei einer Veranstaltung, zu der viele Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer erwartet werden, die öffentliche Parkraumsituation an die kurzfristig veränderten Bedürfnisse anzupassen. Also auf Deutsch: Kurzzeitig ein paar mehr Behindertenparkplätze zu schaffen, sofern der Platz das zulässt. Auf „herkömmlichen“ Parkplätzen können die Autos von beispielsweise Rollstuhlfahrern… Weiterlesen »Doch keine behinderten Parkplätze

Behinderte Parkplätze

Diese Veranstaltung habe ich mir zwar nicht zugemutet, aber ich habe inzwischen von mehreren Leuten gehört, dass es ein absolutes Parkproblem vor Ort gab, nachdem die Verwaltungsbehörde keine Möglichkeit gesehen hatte, auf einen zeitlich erhöhten Bedarf von Rollstuhlfahrerplätzen zu reagieren. Der Veranstalter hatte bei der Stadt beantragt, etwa 20 öffentliche Parkplätze in 15 Behindertenparkplätze (also breitere, so dass Rollstuhlfahrer bei ausreichend Abstand zum nächsten Fahrzeug ungehindert ein- und aussteigen können) umzuwidmen. Die Kosten für die Anordnung und die Beschilderung wollte er zahlen – nur war das rechtlich nicht vorgesehen. Die Stadt sah darin eine Bevorzugung von behinderten Menschen. Der Veranstalter,… Weiterlesen »Behinderte Parkplätze

Die Drei Aus Berlin

Typisch Großstadt: Da gurkt ein 61jähriger Rollstuhlfahrer mit seinem Elektromobil durch sein Wohnviertel, als ein schwarzer Mondeo mi Berliner Kennzeichen anhält, zwei Frauen, um die 30 Jahre alt, aussteigen und ihn nach dem Weg fragen. Der Fahrer bleibt im Auto. Als der Rollstuhlfahrer den beiden erklärt, dass sie mit einer Straßenkarte aus Hannover nicht weit kommen und ihnen ohne Karte beschreibt, wie sie zu ihrem Ziel gelangen, beginnen die beiden Frauen, dem Rollstuhlfahrer eine Hand- und eine Halskette zu entreißen. Der Mann wurde inzwischen von der Boulevardpresse zu Hause besucht, in Großaufnahme abgelichtet und als der wohl härteste Rollstuhlfahrer Hamburgs… Weiterlesen »Die Drei Aus Berlin

Ein Kleines M

Wenn ich fast fünf Jahre lang Tagebuch schreibe und das auch noch online, dann wird es in dieser weiten Welt Menschen geben, die mich besser kennen als ich. Sagte mir kürzlich ein Kumpel aus dem Sportverein. Ob er damit richtig liegt, weiß ich nicht. Was ich aber weiß, ist, dass ich in den fünf Jahren nach meinem Unfall über vieles nachgedacht habe und auch viele Verhaltensweisen, Werte und Einstellungen überdacht, zum Teil auch angepasst und verändert habe. Nicht, weil ich das dringende Bedürfnis hatte, mal durchzulüften. Auch nicht, weil ich, frei nach den „Ärzten“, eine Attitüde in mir kochen sah,… Weiterlesen »Ein Kleines M

Rollstuhlschwimmen

Na super. Ein Sportrollstuhl, egal für welche Sportart, ist teuer. Oft müssen mindestens 5.000 € auf den Tisch gelegt werden und in aller Regel zahlt die Krankenkasse so etwas nicht. Oft sind sie sehr robust gebaut, allerdings nicht darauf ausgelegt, um damit zu tauchen. Daher kann man wohl von einem wirtschaftlichen Totalschaden ausgehen, und zwa an drei Basketballrollstühlen, die unbekannte Knalltüten gestern nacht in einen Tümpel geworfen haben, nachdem sie sie aus einer Sporthalle entwendeten. Ähnlich wie beim Triathlon hat man auch beim Rollstuhlbasketball in aller Regel kaum Möglichkeiten, die immer sperriger werdenden Sportrollstühle mit nach Hause zu nehmen. Als… Weiterlesen »Rollstuhlschwimmen