Maria

Service und andere Krankheiten

Dokumentationen im Fernsehen gucke ich eher selten. Das liegt hauptsächlich an meinen Fernsehgewohnheiten: Eher sehr selten, und wenn, dann meistens abends, vom Bett aus, kurz vor dem Einschlafen. da möchte ich dann meistens mich nicht mehr groĂźartig konzentrieren und ĂĽber -meistens verdächtig mundgerecht präsentierte- Fakten und Beobachtungen nachdenken. KĂĽrzlich blieb ich aber dennoch an einer Dokumentation ĂĽber eine Verlagerung der Umsätze vom Einzel- zum Versandhandel hängen. Immer mehr Leute bestellen online und lassen sich die Ware nach Hause liefern. Verschiedene GrĂĽnde und Motivationen wurden genannt, und ich hatte den Eindruck, die Reportage war bei der Bewertung dieser GrĂĽnde und Motivationen… Weiterlesen »Service und andere Krankheiten

Nochmal die Sonne sehen

Wer eine andere Person körperlich misshandelt, wird bestraft. Wer eine Sache wegnimmt, um sie sich zuzueignen, wird bestraft. Wer in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem er einen Irrtum erregt, wird bestraft. Wer zur Täuschung eine Urkunde verfälscht, wird bestraft. Wer in die Wohnung eines anderen eindringt, wird bestraft. Nahezu egal, welchen Paragrafen ich mir im deutschen Strafgesetzbuch ansehe, immer wird die Tat beschrieben, die „wer“ verĂĽben muss, um bestraft zu werden. Bis auf eine einzige Ausnahme: Beim Mord. Der Mörder wird auch bestraft, klar. Aber hier wird nicht beschrieben, was ein Mord ist, sondern wer Mörder ist.… Weiterlesen »Nochmal die Sonne sehen

Plötzlich Glibber

Es gibt Dinge, die will niemand wissen. Und welche, die will wirklich niemand wissen. Und trotzdem: Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, dass Niemand sein Wissen erweitert. Als Bloggerin schreibe ich fast ĂĽber alles. Nicht ständig ĂĽber Dinge, die Niemand nicht wissen will, aber manchmal eben auch. Manchmal muss es auch sein. Nach so viel GesĂĽlze wissen nun alle, was jetzt kommt: Too much information. Dass auch Menschen Sex haben, ist allgemein bekannt. Dass Menschen, die keine Partnerin und keinen Partner haben, mitunter Sex ohne Partnerin oder Partner haben, auch. Ich rede schreibe von Onanie, oder -wenn man die Bibel… Weiterlesen »Plötzlich Glibber

Der Pfeil ist geil

Es ist vorbei. Marie und ich haben gestern unser vorbereitendes Praktikum fĂĽr das nächste Semester geschafft. Alles bestens. Die Professorin war sehr zufrieden mit uns, was will man mehr? Auf dem Weg nach Hause fuhren wir mit der S-Bahn. „Verehrte Fahrgäste, dieser Zug hält wegen eines Polizei-Einsatzes nicht am Bahnhof Sternschanze.“ – Nanu? Ach ja, die City wurde ja zum Gefahrengebiet erklärt, weil ein paar Demos angemeldet waren und einige Teilnehmer zu Gewalt aufgerufen haben sollen. Nachdem wir wohlbehalten zu Hause angekommen sind, spricht man in den Nachrichten von den schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Immer wieder hauen sich Menschen in… Weiterlesen »Der Pfeil ist geil

Nicht so verwerflich

Dass es nicht leicht ist, das Auto einer Rollstuhlfahrerin anzuhalten, weiĂź ich ja inzwischen. Solange die Rollstuhlfahrerin trotzdem ihre gerechte Strafe bekommt (und die Verwarnung, bei der es bleiben sollte, wurde ja ausgesprochen, bevor man wusste, dass ich Rollstuhlfahrerin bin), ist das ja okay. Das GefĂĽhl. Menschlich. Wenn ich jetzt Geld bräuchte und, auf der Suche danach, die Hausbriefkästen in meiner Umgebung durchkämme, ist das schon einigermaĂźen dreist. Wenn mir dabei zufällig eine frische EC-Karte in die Hände fällt, ich danach auf die PIN warte, die einige Tage später bekanntlich kommt, sie ebenfalls aus dem Briefkasten friemel, mit Karte und… Weiterlesen »Nicht so verwerflich

So leicht kann einfach sein

Und noch ein Nachtrag zum Thema „Assistenz“ und „Freibetrag fĂĽr Vermögen auf dem Konto“ – einen, bei dem vermutlich selbst dem Amtsschimmel das Wiehern im Hals stecken bleibt. Maria bucht seit einiger Zeit ihre Pflege- und Assistenzleistungen nach ihrem Bedarf in unserem Wohnprojekt und finanziert sie ĂĽber ein so genanntes „trägerĂĽbergreifendes persönliches Budget“. Das ist im Grunde nichts anderes, als dass der Gesamtbedarf ermittelt wird, in einem Plan festgehalten wird, die verschiedenen Kostenträger (Krankenkasse, Pflegekasse, Sozialamt) sich untereinander klar werden, wer wieviel leistet – und dann kleckern nicht alle einzeln herum, sondern es gibt eine Gesamtzahlung von einem Träger und… Weiterlesen »So leicht kann einfach sein

Macht es mir was aus?

Gestern war ich noch einmal mit der quotenbehinderten Steffi in der Therme und es war noch einmal sehr schön. Wir haben uns erneut gut unterhalten ĂĽber sehr viele verschiedene Themen und es war so ein vertrautes Verhältnis zwischen uns beiden, dass es mir so vorkam, als wĂĽrden wir uns schon viele Jahre kennen. Es haben mich aber einige Dinge erneut sehr nachdenklich gestimmt und mich auch ĂĽberlegen lassen, wie es mir wohl gehen wĂĽrde, wenn mich nach meinem Unfall niemand an die Hand genommen und mir gezeigt hätte, wie man im Rollstuhl, mit einer körperlichen Einschränkung, zurecht kommt. Wie man… Weiterlesen »Macht es mir was aus?

GroĂźer Schub

Ich kann auch was Schönes erzählen. Zum Beispiel, dass mich Marie jeden Tag im Krankenhaus besucht hat. Und Cathleen mindestens jeden zweiten. Auch Maria ist zwei Mal vorbei gekommen. Maries Mama und auch der Papa waren ein paar Mal da. So viele Zeitschriften wie in den zwei Wochen habe ich seit mindestens fĂĽnf Jahren nicht mehr gesehen. So viel Blumen wie in den zwei Wochen habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht bekommen. Und trotzdem waren die Wochen scheiĂźe. Zwar nicht ganz so scheiĂźe wie sie gewesen wären, hätte mich niemand besucht, aber schön geht anders. Einige Tage vor… Weiterlesen »GroĂźer Schub

Ein Hartes StĂĽck Brot

Heute bekam Maria (nein, nicht die ermordete aus dem Kriminalfilm, sondern die echte) Besuch von einer Freundin, die sie ĂĽber das Internet kennengelernt hatte. Und zwar in einer Gruppe bei Fratzenbuch, der sich einige Leute mit ihrer Erkrankung zum Erfahrungsaustausch angeschlossen haben. Maria bat mich, sie zu diesem Treffen zu begleiten, da sie sich nicht sicher war, ob die Person wirklich diejenige ist, fĂĽr die sie sic ausgab. Man muss ja immer vorsichtig sein, und lieber zu vorsichtig al sich plötzlich mit bösen Ăśberraschungen konfrontiert sehen. Aber alleine die Tatsache, dass diese Frau Maria zu sich in die Hotellobby „bestellt“,… Weiterlesen »Ein Hartes StĂĽck Brot

Zwei Mal Justitia

Ziemlich genau vor einem Jahr verunglĂĽckte nahe unserer Trainingsstrecke ein Rennradfahrer bei seinem StraĂźentraining tödlich, als er mit einem entgegen kommenden Lkw kollidierte. Drei weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Lkw-Fahrer war in eine Kolonne aus 30 Rennradfahrern gecrasht. Uns erreichte diese Nachricht damals im Trainingslager. Den getöteten Radfahrer haben wir nicht gekannt, die Strecke nutzen wir nicht, unsere (während unseres nächtlichen Trainings fĂĽr den Autoverkehr gesperrte) Handbike-Trainingsstrecke ist aber nicht weit von dem Unfallort entfernt. Gestern nun wurde in dem Prozess das Urteil gesprochen. Der Lkw-Fahrer hätte nach Ăśberzeugung des Gerichts an dieser Stelle, an der die… Weiterlesen »Zwei Mal Justitia