Allgemein

Kein Schrank und zwei Löwen

„Meinst du, wir sollten für heute Abend vielleicht noch ein Regal kaufen?“, fragte mich Marie und spielte dabei eindeutig auf Jörn an. Ich antwortete mit einer Gegenfrage: „Meinst du, er kommt heute nochmal?“ – „Könnte sein. Vermutlich wieder in unserem Badezimmer, wie letzte und vorletzte Woche. Und dann geht er schlafen.“ – Ich grinste und sagte: „Ich finde, wir sollten ihn mal drauf ansprechen.“ – „Beide?“ fragte Marie. „Immerhin hat er letzte Woche eine Hand auf meine Hüfte gelegt.“ – „Echt?! Krass!“ – „Auf deine bestimmt auch, nur du merkst das ja nicht.“ – „Oarrr Marie, du bist so fies!… Weiterlesen »Kein Schrank und zwei Löwen

Wurmfortsatz und Scheißegal

Es gibt so Vorlesungen, die gibt es gar nicht. Möchte man denken. Während da vorne jemand über die Entzündung des Wurmfortsatzes, im Volksmund auch „Blinddarmentzündung“ genannt, obwohl sich eigentlich nicht der komplette Blinddarm, sondern nur der Wurmfortsatz entzündet, … also während da vorne jemand referiert, bin ich kurz vor dem Einschlafen. Ich muss mich enorm zusammenreißen, damit meine Augen nicht zufallen. Und während ich so dem monotonen Dialog zuhöre, sagt der Dozent: „Manche Behinderte erfühlen die Diskriminierung mit ihrem Wurmfortsatz. Und nun lass den sich mal entzünden.“ Wat is los?!? Ich war plötzlich wieder hellwach. Hatte er mich einschlafen sehen… Weiterlesen »Wurmfortsatz und Scheißegal

Abbaden 2014

Das Wintersemester ist in vollem Gange. Und dabei waren am Wochenende draußen noch über 20 Grad. Und falls das für einen goldenen Oktober (zumindest im Norden) nicht ungewöhnlich erscheint, so ließ mich ein Blick auf die Wassertemperatur der Ostsee staunen. 17 Grad laut Anzeigetafel. Und als Cathleen meinte, das sei ein Marketing-Gag, rief sie die Seite des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie auf und erhielt Bestätigung. Tatsächlich waren außer uns (Marie, Cathleen, Lisa und ich), die bei wenig Wellen und wenig Wind und strahlendem Sonnenschein noch rund eine Stunde im Neo draußen trainierten, noch einige andere Leute im Wasser. Und… Weiterlesen »Abbaden 2014

Barrierefrei zum Arzt

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, sollen in den nächten Jahren erwachsene Menschen mit kognitiven oder mehrfachen Einschränkungen eine bessere ärztliche Behandlung in Deutschland bekommen. Konkret ist vorgesehen, mit einer Finanzspritze von 50 Millionen Euro eine eine ärztliche Versorgung dieser Menschen in eigens eingerichteten medizinischen Behandlungszentren aufzubauen. Die von erwachsenen Menschen mit Behinderungen speziell benötigten Gesundheitsleistungen sollen „an einem Ort und mit vertretbarem Aufwand aus einem Guss“ erbracht werden. Darüber hinaus würden Ärzte bevorzugt zugelassen, die sich verpflichten, ihre Praxis barrierefrei einrichten. Im Kinder- und Jugendbereich gibt es bereits ein flächendeckendes Netz von so genannten „sozialpädiatrischen Zentren“. Irgendwann werden… Weiterlesen »Barrierefrei zum Arzt

Ein Goldstück

Ich bin aufgeregt! Unsere Baufirma möchte sich gerne eine Zusatzprämie verdienen und bietet an, unser Bauobjekt bereits am 2. Januar (statt bisher am 29. Januar) schlüsselfertig zu übergeben. Bereits das Richtfest war gut 14 Tage früher als eigentlich geplant. Zum Glück halte ich mich da fast völlig raus und vertraue auf Menschen mit Erfahrungen, die raten, von solchen Deals die Finger zu lassen. Es ist ein Vertrag geschlossen, den wir beide einhalten. Es wird nicht mittendrin neu verhandelt. Wenn die Firma freiwillig früher die vereinbarte Leistung abliefert und/oder sie besonders gut abliefert, wird man sich sicherlich erkenntlich zeigen. Aber vertraglich… Weiterlesen »Ein Goldstück

Kein neuer Schrank

Die Uni hat mich wieder. Und das bedeutet: Auch ohne in Kneipen kellnern zu müssen, um meinen Lebensunterhalt während des Studiums zu finanzieren, bin ich restlos ausgebucht. Es reicht hin und wieder noch zum Bloggen und zum Schlafen, aber ansonsten: Schwimmen musste ausfallen. Eine Vorlesung liegt parallel, es gibt eine gute Chance, hier in den nächsten vier Wochen noch einmal zu tauschen, so dass ich mein Schwimmtraining nicht komplett neu planen muss, aber in dieser Woche musste es wegen der parallelen Vorlesung ausfallen. Als ich nach Hause kam und gerade die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, kam Marie nach Hause,… Weiterlesen »Kein neuer Schrank

Fremde Hände

Ich kann mich wundern. Zu staunen und sich wundern zu können, ist wichtig für die seelische Gesundheit. Sagt man, und zitiert dabei manches Mal den berühmten Einstein falsch. Macht in diesem Fall aber nichts, denn auch falsche Zitate können passen… Oder werden nochmal passend gemacht. Ich jedenfalls kann mich manchmal nur noch wundern. Und ob das für die seelische Gesundheit gut ist, sagt Einstein nicht. Und fragen kann ich ihn auch nicht mehr. Da liegen drei Leute in einem Bett und gucken fern. Alle sind 20 Jahre alt oder älter, alle relativ unerfahren, insbesondere in puncto Sexualität. Eine Person wird… Weiterlesen »Fremde Hände

Das Gold von morgen

Früher, lange vor meinem Unfall, wäre es unvorstellbar für mich gewesen: Fremde Menschen ansprechen. Egal, ob sie gleichalt, älter oder jünger waren – fremde Menschen waren da, aber ich war froh, wenn ich mit ihnen nichts zu tun hatte. Es war das Unbekannte, das Unvorhergesehene, das mir Angst machte. Wenn ich den Busfahrer nach einem Fahrschein fragen sollte, war das kein großes Problem. Der saß in seiner Ecke und wechselte Geld gegen Fahrkarte. Das hatte ich bei meiner Mutter oft genug gesehen. Das habe ich irgendwann auch selbst gemacht. Das konnte ich einordnen. Genauso wie Bezahlen an der Supermarktkasse oder… Weiterlesen »Das Gold von morgen

Aufzüge und Angoraziegen

Rollstuhlnutzende sollten sich nicht vor Aufzügen fürchten. Und nicht klaustrophobisch sein. Behaupte ich mal kühn. Ich muss nicht lange einleiten. Es ruckte und schaukelte kräftig, die Kabine kam rund 50 Zentimeter unter dem oberen Haltepunkt zum Stehen, das Licht ging aus, die Notbeleuchtung an – und ich stand drin. Ein gläserner Aufzug, draußen schien die Sonne, die Aussicht war schön. Ich hatte es lange nicht mehr. Und irgendwie war Murphy nicht zur Stelle, so dass mir dieser unnütze Ballast ausnahmsweise mal nicht zum ungünstigsten Zeitpunkt in den Tagesablauf stolperte. Sondern auf dem Weg nach Hause, satt, Blase leer, Handyakku voll.… Weiterlesen »Aufzüge und Angoraziegen

Blinklicht und Chirurgie

Guten Morgen, die Uni hat mich wieder. Der Tag fing bereits so gut an, dass er nur besser werden kann. Ausgerechnet in meiner Straße standen heute morgen ein Rettungswagen und ein Notarzt-Einsatzfahrzeug. Es war dunkel, es war kalt, niemand zu sehen, nur die beiden Autos blinkten leise vor sich hin. Die standen natürlich ausgerechnet so, dass Marie und ich nicht mit unserem Auto vorbei kamen. Und ausgerechnet dreißig Minuten vor jener Veranstaltung, in der darüber entschieden wird, wer wohin ins Praktikum geht. Oder vielmehr: Wo ich als Rollstuhlfahrerin meine Wünsche äußern kann, bevor verteilt wird. Und „verteilen“ könnte bedeuten, dass… Weiterlesen »Blinklicht und Chirurgie