Behinderung

Schnee und Wind

„Habt ihr es warm? Habt ihr genug zu essen? Sind die neuen Nachbarn nett? Habt ihr euch schon eingelebt? Ist es nachts auch nicht zu laut?“ – Maries Oma konnte gar nicht schnell genug fragen. Marie antwortete: „Die Heizung funktioniert, zu essen haben wir zum Glück auch genug. Bisher sind die neuen Nachbarn nett, eingelebt haben wir uns noch nicht wirklich, aber das kommt noch – und nachts ist es so ruhig, dass man die Flöhe husten hört.“ – „Dann bin ich beruhigt und muss mir keine Sorgen machen.“ Muss sie nicht. Aktuell sind Semesterferien, aktuell sind wir im Norden,… Weiterlesen »Schnee und Wind

Nachruf

Auf dem Weg zu Marie fuhren wir an einem öffentlichen Verwaltungsgebäude der Stadt vorbei, das nachts recht dezent angestrahlt wird und vor dessen Eingang drei Fahnenmasten stehen. Die Hamburg-Fahne hängt dort hin und wieder zusammen mit der des Bezirks, in dem das Gebäude steht. Am Christopher-Street-Day flatterte dort auch schon mal die Regenbogenfahne. Heute sah ich im Vorbeifahren aus dem Augenwinkel Europa, Deutschland und Hamburg – alle drei auf Halbmast. Nach der dreitägigen Staatstrauer um die ermordeten Mitarbeiter von Charlie Hebdo Mitte des Monats und dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist das nun… Weiterlesen »Nachruf

Flirter und Dickmacher

Gibt es Männer, die mit sexy Frauen in Kontakt kommen wollen und sie deshalb scheinbar unbeabsichtigt anrempeln? Indem sie beim Laufen verträumt auf ihr Handy gucken, betont abwesend rückwärts oder seitwärts gehen, verlorenes Gleichgewicht oder die versehentlich unangemessene Geschwindigkeit vor unübersichtlichen Ecken vortäuschen? Ja, die gibt es. Gibt es Frauen, die mit knackigen Männern in Kontakt kommen wollen und sich ähnlich anstellen, dabei aber noch auf weitere Tricks aus der Kiste, wie zu hohe Absätze, Orientierungslosigkeit, … ach, ich muss aufpassen. Beides hat, wenn es nicht zu plump ist, einen gewissen Charme. Flirten gehört dazu. Würden alle die Menschen, die… Weiterlesen »Flirter und Dickmacher

Behindert und schwanger

… und wo ich schonmal in Fahrt bin: In fast die gleiche Kerbe wie „Biester und Hexen“ schlägt mein heutiger Beitrag. Auch auf die Gefahr hin, dass ich gleich erneut lesen muss, ich würde zunehmend verbittern. Völlig fassungslos habe ich gerade einen Artikel im Spiegel gelesen, der auf der Facebookseite von Spiegel online hunderte Male kommentiert wurde. Eigentlich ging es in dem Artikel darum, dass es für Menschen mit Beeinträchtigungen in Deutschland sehr schwer sei, einen spezialisierten Gynäkologen zu finden. Ich kann diese Einschätzung nicht teilen, weil ich mich durch meine Frauenarzt-Praxis gut betreut sehe; ich muss allerdings auch gleich… Weiterlesen »Behindert und schwanger

Biester und Hexen

Sie bleibt spannend, die Diskussion darüber, ob ich mit jedem Patienten (Kunden) über meine Behinderung sprechen muss. Ob es unfreundlich ist, das abzulehnen. Ob ich verbiestert oder gar eine alte Hexe bin, wenn ich ein an meinem Arbeitsplatz von einem Patienten (Kunden) begonnenes Gespräch über die Amputation meiner Beine unwirsch im Keim ersticke. Wenn ich sogar angefasst reagiere auf diesen aus meiner Sicht nach wie vor unsäglichen und unerträglichen Vorstoß. Gleich einreihen in diese Diskussion möchte ich die Frage, ob von mir ständige Höflichkeit erwartet wird. Ob ich wirklich auf Augenhöhe kommunizieren darf. Ob ich Fragen zurückweisen darf, auch wenn… Weiterlesen »Biester und Hexen

Opfer-Kastanie und Splitter-Patient

„Liegt ein Mann in der Notaufnahme.“ – So könnte ein Witz beginnen. Aber wer erzählt ihn mir? Wie langweilig wäre doch mein Studentenleben ohne den wöchentlichen praktischen Tag. Im Moment in der Chirurgie und heute nochmal aushilfsweise in der Notaufnahme. Fachkräfte werden eben gebraucht… Aktuell dabei: Schülerpraktikant Nick. Soziales Pflichtpraktikum. Nick ist 14 und dauernd auf Sendung. Genauer gesagt: Er muss alles kommentieren und brabbelt dafür in jeden Satz, selbst dann, wenn er gar nicht für ihn bestimmt ist. „In der Vier liegt ein Mann um die 60 mit einem Splitter im linken Fuß. Jule, das können Sie alleine.“ –… Weiterlesen »Opfer-Kastanie und Splitter-Patient

Rausgedreht

Ein neues Jahr hat begonnen und der Wahnsinn geht genau so weiter wie er im alten Jahr aufgehört hatte. Wer hätte das gedacht? Okay, ich bin auch nicht überrascht. Und die neuen Vorsätze? Tja, die meisten haben sie schon aufgegeben. Aber ich nicht! Das mag daran liegen, dass ich auf einen Expertenrat im Supermarktradio gehört habe: „Beschließen Sie nur Vorsätze, die eine realistische Chance haben, von Ihnen auch eingehalten zu werden.“ – Habe ich gemacht. Ich habe mir vorgenommen, 2015 nicht mit dem Rauchen anzufangen. Das halte ich jetzt gerade das 23. Jahr in Folge durch! Anders erging es einer… Weiterlesen »Rausgedreht

Ein unmoralisches Angebot

Ich weiß, dass einige Menschen meinen Blog lesen. Ich weiß auch, dass einige Freundinnen und Freunde mal häufiger, mal seltener hier reinschauen. Oft höre ich: „Worüber du so alles schreibst! Und was die Leute so alles lesen! Und dass das beides offensichtlich so gut zusammenpasst! Das hätte ich nie gedacht.“ – Wie ich einst zum Bloggen gekommen bin, erzähle ich dann hin und wieder, manchmal aber inzwischen auch nicht mehr. Die meisten Menschen, die ich persönlich kenne und die nebenbei auch meinen Blog kennen, kritisieren, dass ich zu ausführlich schreibe. Die Texte seien zu lang und meine Meinung sei ihnen… Weiterlesen »Ein unmoralisches Angebot

Honig im Kopf

Manche Menschen schwärmen für den nuschelnden Tilman. Manche konnten kaum erwarten, bis sein neuer Film in die Kinos kam. Ausgerechnet am ersten Weihnachtstag, am Fest der Liebe und der Familien, läuft „Honig im Kopf“ an. Wenn das mal kein Zufall ist… Ich selbst bin weder pro noch contra Schweiger. Beim Tatort geht er mir regelmäßig auf den Keks, kürzlich bei Inas Nacht fand ich ihn zu hochnäsig, was vielleicht an seiner akuten Erkältung gelegen hat – in seinen Kinofilmen ist mir manches zu übertrieben, manches zu einfach durchschaubar und zu konstruiert. Aber „Wo ist Fred?“ hat mir sehr gut gefallen,… Weiterlesen »Honig im Kopf

Vier Mann, vier Ecken

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Das wusste schon Matthias Claudius, und der fuhr mit Sicherheit nicht im ICE. Ich dachte mir, im Laufe der Jahre würden sich die Dinge so langsam verändern, vielleicht sogar verbessern. Aber ich bin wohl zu ungeduldig. Spontaner ist sie geworden, die Deutsche Bahn. Während ich früher oft die Auskunft erhielt, Rollstuhlfahrer dürften nicht mitfahren, wenn sie nicht mindestens 48 Stunden vor Abfahrt angemeldet seien, hat man inzwischen sogar ausnahmsweise die Möglichkeit, die örtlichen Mitarbeiter großer Bahnhöfe spontan anzurufen, um sie um Einstiegshilfe zu bitten. Ganz ohne telefonische Voranmeldung zu reisen,… Weiterlesen »Vier Mann, vier Ecken